CD
ROYAL THRONE OF KINGS
Ralph Vaughan Williams and Shakespeare
James Ross, Dirigent / Kent Sinfonia / Eloise Irving, Sopran / Malcolm Riley, Klavier
Albion Records / Catalogue No: ALBCD062
Shakespeare lässt grüßen
Der Komponist Ralph Vaughan Williams (1872 – 1958) ist hierzulande kaum bekannt, wohl aber in seiner englischen Heimat. Er hat ein reiches, vielfältiges Werk hinterlassen, allerdings konnten sich seine Opern (was am verlässlichsten zum Nachruhm beitragen würde) auf den Bühnen nicht durchsetzen. Dass er den Briten ans Herz gewachsen ist, hat auch damit zu tun, dass er sich immer wieder mit Shakespeare befasst, immer wieder Musik zu dessen Werken geschrieben hat.
Allerdings liegt der CD, die nun in knapp eineinviertel Stunden den „Royal Throne of Kings“ beschwört, viel Recherche zugrunde. Denn manches ist in den Archiven versunken, zum Beispiel die Musik, die Vaughan Williams 1912 und 1913 auf Einladung des Memorial Theatre at Stratford-upon-Avon zu mehreren dort gespielten Werken komponierte, vordringlich Königsdramen. Richard II., Richard III., Heinrich IV. und Heinrich V. sind auf der CD vertreten, deren Material man in der Library of the Shakespeare Birthplace Trust fand und hervorholte. Desgleichen „Shakespeare-Musik“, die Ralph Vaughan Williams 1944 für die BBC komponierte (was damals allerdings nicht verwendet wurde).
Viele Einzelstücke hat Dirigent James Ross nun zusammen gefasst, so dass sie wie eine einzige große „Shakespeare-Suite“ erscheinen, nur unterbrochen dreimal von Sologesang, natürlich zu Shakespeare-Texten (Eloise Irving mit leichter, süßer Stimme, Malcolm Riley, Klavier) und einmal von einer Chor-Passage (Albion Singers). Dirigent James Ross hat das Werk mit dem Orchester Kent Sinfonia in zwei Kirchen in Kent aufgenommen und lässt Shakespeares Zeit farbig auferstehen.
Denn Ralph Vaughan Williams hat reichlich auf die originale Musik der Tudor-Zeit zurück gegriffen, um Atmosphäre und Feeling der Renaissance zu beschwören. In spektakulären Szenen, die sozusagen mit „Pauken zu Trompeten“ einherkommen, merkt man allerdings auch, dass er in den vierziger und fünfziger Jahren für zahlreiche englische Filme die Filmmusik geschrieben hat. Das kann bekanntlich auch etwas sehr Gutes sein, ist nicht als Vorwurf der billigen Effekthascherei gemeint.
Man kann natürlich die „Tracking Liste“ vor sich haben und mitlesen, was zu den einzelnen der 24 Nummern gemeint war („Falstaff und der Prinz“ zum Beispiel), aber es ist einfacher, sich der Fülle von Genres und Stimmungen hinzugeben, die hier im „Tudor Tune“ beschworen werden –
festlich und geheimnisvoll flirrend, Stimmungsbrüche zwischen düster und strahlend heiter, lyrisch und dramatisch. Man sieht vor seinem inneren Auge prachtvolle Aufzüge oder auch Intriganten herumschleichen, die Phantasie ist dauernd beschäftigt, während man in eine andere Welt entführt wird.
Ralph Vaughan Williams, der auch dafür bekannt war, englische Volksmusik zu sammeln, fügt in die so genannte „Stratford Suite“ mit ihren Märschen und Tänzen auch ein Musikstück ein, das bis heute jedermann bekannt ist: „Greensleeves“ ist seit der Tudor-Zeit im Gedächtnis der Menschen geblieben.
Renate Wagner