CD:
Max Bruch, Lieder
Rafael Fingerlos, Bariton / Sascha El Mouissi, Klavier
Mit: Benjamin Herzl (Violine), Cornelia Zink (Sopran), Magdalena Rüker (Mezzosopran), Bernhard Berchtold (Tenor)
Label: Classic Production Osnabrüc / WDR The Cologne Broadcasts
Es gibt wohl kaum einen Musikfreund, der noch nicht fasziniert das Violinkonzert von Max Bruch gehört hat, gehört es doch neben jenen von Beethoven, Brahms, Tschaikowsky zu den berühmtesten der Literatur, hoch beliebt in den Konzertsälen. Darüber hinaus ist Max Bruch ((1838 – 1920) zwar durchaus ein bekannter Name in der Musikgeschichte, aber in der großen Welt des Liedgesangs spielt er eigentlich nicht mit. Eine CD versucht diesem Mangel an Kenntnis nun entgegen zu wirken.
Man setzt sich für eine gute Stunde hin, um Bruch-Lieder zu hören, die einem neu sind, 20 an der Zahl, von denen fünf (in die Mitte der CD gestellt) aus dem Rahmen fallen. Die literarische Vorlage stammt von Paul Heyse, es sind Gedichte, die in dessen Novelle „Siechentrost“ (1833 erschienen) eingebaut sind und, kammermusikalisch erweitert, ein paar Interpreten mehr verlangen
Die Texte der anderen Lieder stammen vordringlich von Emanuel Geibel, Viktor von Scheffel, Hermann Lingg und dem Kirchenlieder-Schöpfer Heinrich Bone. Ein kleiner Goethe ist dabei: „Ein Mädchen und ein Gläschen Wein“ könnte man sich in Auerbachs Keller gesungen vorstellen…
Die literarischen Vorlagen befassen sich, mit einigen Ausnahmen, mit der üblichen Stimmungs- und Liebeslyrik, aber es gibt auch eine originelle, balladenartige „Tannhäuser“-Version (wo Frau Venus verführt und Tannhäuser jagt, bevor er klein beigibt); oder ein Landsknecht-Lied, das im erwarteten martialischen Ton gehalten ist; es gibt Religiöses (zwei Lieder an die heilige Jungfrau, eines an den Jesusknaben). Melancholische Philosophie kommt pastos einher, mit Trauer über die Vergänglichkeit und Todessehnsucht, zur Naturschilderung darf der Pianist im Hintergrund das Bächlein plätschern lassen…
Dieser Pianist ist Sascha El Mouissi, teils im Hintergrund gestaltend, manchmal auch in den Vordergrund tretend. Die Hauptlast der Lieder liegt auf Rafael Fingerlos, dem Salzburger Bariton, den man unter Dominique Meyer drei Spielzeiten lang an der Wiener Staatsoper erlebt hat, wo er sich von den üblichen Kleinrollen über mittlere Rollen zuletzt zum Papageno, Belcore und Rossini-Figaro hoch gearbeitet hat. Man hört einen geschmeidigen Bariton, der mühelos in tiefere und in höhere Lagen klettert und in der baritonalen Mittellage mit einem Samtklang prunkt, der auch betörend schmelzen kann.
Für die fünf Lieder aus Heyses „Siechentrost“-Novelle erweitert sich das Ensemble, wobei vor allem eine Violine (Benjamin Herzl) sich wie „singend“ in die Musik hineinwebt, der Tenor (Bernhard Berchtold) sich manchmal zum Duett mit dem Bariton vereinen darf und nur im letzten Stück noch zwei Frauenstimmen (Cornelia Zink, Sopran, und Magdalena Rüker, Mezzosopran) allerdings eher beiläufig im Hintergrund mitwirken dürfen.
Im Ganzen ist es interessant, einmal etwas Neues zu hören, wobei die Bruch-Lieder durchaus neue Interessenten finden könnten, sowohl unter den Künstlern wie unter den Zuhörern.
Renate Wagner