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CD Kammermusik für Klavier und Streicher von Dvořák und Suk

04.01.2019 | cd, CD/DVD/BUCH/Apps

CD Kammermusik für Klavier und Streicher von Dvořák und Suk;
CAvi music
Live Aufnahmen aus dem innogy Wasserkraftwerk Heimbach vom 24.6.2017

Seit 1998 kommen alljährlich im Juni Freunde der Kammermusik zum Eifel-Festival „SPANNUNGEN: Musik im innogy-Kraftwerk Heimbach“. Für eine Woche treffen einander bei dieser vom renommierten deutschen Pianisten Lars Vogt künstlerisch geleiteten „Bürgerinitiative für Kammermusik“ Musiker aus allen Himmelsrichtungen, um zu proben, Uraufführungen vorzubereiten, zu konzertieren, kurz einen programmatischen Bogen von der Barocke bis zu experimentell Zeitgenössischem zu stricken. Dass da noch immer die dem genius loci geschuldeten Kraftwerks-Funken überspringen und elektrisierende Konzerte stattfinden, das kann auf der neuen CD genießerisch nachvollzogen werden.

Aus Böhmes Flur und Hain, erklangen an diesem Sommersamstagabend unter anderem Antonín Dvořáks Klaviertrio in g-Moll, Op. 26 mit Christian Tetzlaff (Violine), Maximilian Hornung (Cello) und Kiveli Dörken (Klavier) sowie Josef Suks Klavierquartett in a-Moll Op. 1, gespielt von Martin Helmchen (Klavier), Antje Weithaas (Violine), Vicki Powell (Viola) und Maximilian Hornung (Cello). Zwei Raritäten, denen im regulären Konzertbetrieb wenig Aufmerksamkeit zukommt.

Dvořáks der mittleren Schaffensphase zuzurechnendes Trio in g-Moll (1876 innerhalb von nur 16 Tagen geschrieben) ist wesentlich schroffer, ruppiger wie die von der Sehnsucht nach Harmonie geprägten späten kantilenen- und brahmsseligen Meisterwerke Opp. 65 und 90. Selbstverständlich bilden die in einer Woche für kammermusikalische Erkundungen zusammengewürfelten Solisten keine harmonisch lange Jahr aufeinander eingeschworene Formationen. Dafür überraschen die jetzt erschienenen Mitschnitte durch eine enorme Binnenspannung, dynamisch extrem ausgereizte Pole, eine organisch durchdeklinierte Temporegie und einen durchwegs dramatischen Impetus im instrumentalen Wettbewerb der drei Instrumente. Was die Musiker alleine im Largo an vollendeter Phrasierungskunst aufbieten, wie sie sich auf das Scherzo wie in einer wilden Jagd durch den granitfarben-düsteren Klangwald stürzen sowie das märchenhafte ins Heitere kippende Finale mit luzidem Schritt durchmessen, ist atemberaubend.

Ergänzend dazu wartet der 1891 vom Stapel gelaufene Examenserstling des 17-jährigen Josef Suk, später berühmter zweiter Geiger des ,Tschechischen Quartetts‘, Schüler und Schwiegersohn des großen Dvořák, mit allen Atouts einer frischen Begabung auf. Im Kern spätromantisch, ist der Duktus dieses Quartetts wesentlich melodienseliger und pathetisch üppiger aufrauschend als Dvoraks harmonisch kühnes, atmosphärisch zerklüfteteres Trio. Die vier Musiker, von denen nur der Cellist Maximilian Hornung auch bei Dvořák mit von der Partie war, erreichen nicht auf Punkt und Komma das nachtwandlerische Zueinander des Trios, in Sachen Siedegrade, interpretatorischen Pfadfindermut und Klangschönheit jedoch ein ähnliches Niveau.Das Publikum jubelte, wir schließen uns dem verdienten Zuspruch an. Ein Wunsch bleibt freilich: Bei Betrachtung des umfangreichen Programms 2017, das unter anderem das gesamte kammermusikalische Schaffen Dvořáks enthielt, hätte eine größere Edition (3 CDs wie bei Martha Argerichs Lugano Aufnahmen?) sicherlich Sinn gemacht.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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