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CD: GAËTANO DONIZETTI: L’ESULE DI ROMA • Britten Sinfonia, Carlo Rizzi

02.03.2024 | Allgemein, cd

CD: GAËTANO DONIZETTI: L’ESULE DI ROMA • Britten Sinfonia, Carlo Rizzi

Vom Ursprung des Wahnsinns

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Opera Rara ergänze die mindestens aus den Aufnahmen von 1982 mit Katia Ricciarelli (Argelia), Bruce Brewer (Settimio), John-Paul Bogart (Murena) und 1986 mit Cecilia Gasdia (Argelia), Ernesto Palacio (Settimio), Simone Alaimo (Murena) bestehende Diskographie von Donizettis «L’Esule di Roma» um eine tadellose Einspielung (der kritischen Edition von Roger Parker und Ian Schofield).

Uraufgeführt wurde das «Melodramma eroico» am 1. Januar 1828 im Teatro San Carlo in Neapel. Die glanzvolle Starbesetzung mit Luigi Lablache (Murena), Adelaide Tosi (Argelia) und Berardo Winter (Settimio) liess den Abend zum grössten Triumph werden, den Donizetti bis dahin erlebt hatte. Auch wenn das Libretto der Uraufführung das Werk als «Melodramma eroico» bezeichnet, handelt es sich dabei um eine «Opera seria». Dafür stehen unter anderem das antike Sujet, die fünf Hauptfiguren und das «erzwungene» Happy-End.

Die Bedeutung der Partitur liegt vor allem darin, dass Donizetti hier erstmals ein Bühnenfigur komponiert, die dem Wahnsinn anheimfällt. Opfer des Wahnsinns ist hier weder ein junges Mädchen noch eine gestandene Monarchin, sondern ein Senator des alten Roms.

Senator Murena verleumdet den Volkstribunen Settimio, den Freund seiner Tochter beim Kaiser, worauf dieser ihn unter Androhung seines Todes der Stadt verweist. In der Verbannung gelangen Dokumente, die des Senators und seine Unschuld belegen, in seinen Besitz, so dass er die Rückkehr wagt. Bevor Settimio bei seiner Rückkehr verhaftet und in die Todeszelle geführt wird, gelingt es Settimio Argelia die entscheiden Dokumente zu übergeben. Damit steht Argelia nun vor dem Dilemma, ob sie ihren Vater oder ihren Freund retten will. Unter dem Druck der Schuldgefühle ist Murena bereit vor Settimios Rückkehr dem Wahnsinn verfallen. Settimio ist bereit aus Liebe zu Argelia bereit, darauf zu verzichten Murena anzuklagen und nimmt den Tod auf sich. Dazu kommt es aber nicht, da der Löwe in der Arena Settimio ergeben die Hand leckt: der Löwe, dem er in der Verbannung im Kaukasus einst das Leben rettete, rettet nun ihm das Leben.

Donizetti gelingt für den «Verbannten» (ital. «l’esule») eine hochromantische Musik überreich an Melodien. Besonders hervorzuheben sind das Terzett im Finale des ersten Akts, Murenas Wahnsinnsszene zu Beginn des zweiten Akts und das Duett von Argelia und Murena im Finale des zweiten Akts.

Nicola Alaimo, Neffe des Murena der Aufnahme von 1986, überzeugt als Murena mit kernigem, warmen Bariton. Die Stimme sitzt perfekt, die sonore Mittellage ist mit den beeindruckenden Tiefen und strahlenden Höhen perfekt verbunden. Albina Shagimuratova gibt die Argelia mit kristallklarem, gut fokussiertem Sopran, der in der Höhe zu Schärfen neigen kann. Ihr Vibrato bleibt allerdings individuelle Geschmackssache, harmoniert in dieser Hinsicht aber bestens mit «ihrem» Settimio. Sergey Romanovsky ist mit seinem hellen, kräftigen und absolut höhensicheren Tenore di grazia ein nahezu idealer Settimio. Das seiner Stimme immanente Vibrato bleibt wie bei Shagimuratova individuelle Geschmackssache. Der Katalane Lluís Calvet i Pey, seit Spielzeit 2022/23 Mitglied des Internationalen Opernstudios der Staatsoper Hannover, gibt den Publio mit leicht dunkel gefärbtem Bariton, der im Duett mit Murena perfekt mit dessen Stimme harmoniert und guten Kontrast bietet. Kezia Bienek ist Leontina

Carlo Rizzi hat das Geschehen perfekt im Griff. Die Britten Sinfonia folgt ihm aufmerksam und bietet süffigen Donizetti mit reichlich Brio. Der Opera Rara Chorus (Chordirektor: Stephen Harris) agiert gewohnt klangschön, kompakt und textverständlich

Bester Donizetti: Eine grosse Entdeckung!

02.03.2023, Jan Krobot/Zürich

 

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