CD:
CHRISTOPH CROISÉ
VOYAGE EXOTIQUE
Label: AVIE Records
Eine CD
Er ist noch keine dreißig Jahre alt (geboren am 3. Dezember 1993), und schon hat sich der Cellist Christoph Croisé, der Wert auf seine multikulturelle Herkunft aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz legt, die Konzertsäle der Welt erobert. Wie alle reproduzierenden Künstler wurde er durch die Pandemie-Jahre aus dem Rhythmus eines aktiven Konzertlebens gerissen.
Christoph Croisé hat die Zeit genützt, um als Komponist aktiv zu sein – logischerweise vordringlich für das Cello. Und inspiriert von Musik der Moderne und internationaler Klängen. Die vier Werke, alle bereits uraufgeführt, finden sich nun auf seiner jüngsten, 80 Minuten langen CD, der er den effektvollsten der vier Werktitel, „Voyage Exotique“, gegeben hat.
Vier Werke also „rund um das Cello“ – das Cello Concerto No. 1 Op. 6 benötigt außerdem ein Streichorchester (Kammerorchester der Niederlenzer Musiktage) und Percussion; Die Voyage Exotique Op. 2 ist für zwei Celli geschrieben (Partnerin Annette Jakovcic), das Klarinetten Trio Op. 4 for clarinet, cello & piano (Klarinette: Damien Bachmann, Klavier: Oxana Shevchenko) und die Cello Sonata No. 1 Op. 9 for cello & piano für zwei Instrumente.
Jedes Werk hat einen anderen Charakter, sie sind ambitioniert und anspruchsvoll, und dass der Komponist Christoph Croisé, der Einflüsse keineswegs leugnet, manches an Klangfarben und Rhythmen von Vorhandenem übernimmt, ist gewissermaßen konzeptionell.
Christoph Croisé, der für seine Werke einen „kulturellen Schmelztiegel“ postuliert, bringt diesen im Cellokonzert mit harten Percussion-Rhythmen ein, mixt dann „exotique“ verschiedene exotische Klänge. Im Klarinetten-Trio beeindruckt, wie Croisé die drei Instrumente immer wieder verwebt, jedem seinen Platz einräumend.
Am problematischsten mag das vierte Werk erscheinen, denn hier begibt sich Christoph Croisé auf die heikle Ebene der Programm-Musik, wenn er die viersätzige Sonate, die in Lemberg uraufgeführt wurde, gewissermaßen als Kommentar zum Ukraine-Krieg geschrieben hat.
Was die einzelnen Sätze betrifft (am Ende steht sogar ein „Tanz der toten Soldaten“ in der Satzbezeichnung), so würde man möglicherweise ohne die Erläuterungen im Booklet, wo Christoph Croisé die einzelnen Werke beschreibt und seine Intentionen ausführlich darstellt, nicht unbedingt zu den richtigen Assoziationen kommen. Aber eines ist klar: Dieses Werk ist ein Klagelied, es erzählt von Schmerz. Und auch davon – der Komponist ist eben Cellist – , welch ungewohnte, schier nie gehörte Klänge man einem Cello entlocken kann.
Da ist ein junger Komponist, der es sich nicht leicht macht, nicht mit Populärem liebäugelt. Möglicherweise liegt noch ein langer Weg vor ihm, nicht nur als interpretierender Cellist, sondern als schöpferischer Komponist.
Renate Wagner