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CD CARL HEINRICH GRAUN: ADRIANO IN SIRIA – Live-Mitschnitt aus dem Schlosstheater Potsdam vom 8. bis 10. Juni 2024; deutsche harmonia mundi

19.06.2025 | cd

CD CARL HEINRICH GRAUN: ADRIANO IN SIRIA – Live-Mitschnitt aus dem Schlosstheater Potsdam vom 8. bis 10. Juni 2024; deutsche harmonia mundi

Weltersteinspielung

adr

Am 9.6. 2024 feierte die 1746 an der Königlichen Oper Berlin uraufgeführte und seither von der Bildfläche verschwundene C. H. Graun-Oper „Adriano in Siria“ in Potsdam in einer völlig belanglosen „Jalousie rauf und runter“-Inszenierung der Tänzerin und Choreografin Deda Cristina Colonna Premiere. Ich war dabei und hatte für den Online Merker berichtet. Link:

https://onlinemerker.com/potsdam-schlosstheater-neues-palais-sanssouci-adriano-in-siria-von-carl-heinrich-graun-premiere/

Nun ist der Zusammenschnitt dreier Aufführungen als reines Musikalbum bei der dhm erschienen. Ein Teil der Kadenzen wurde vom Komponisten und Dirigenten Massimiliano Toni geschrieben. Die CDs bestätigen den einst überwiegend positiven Eindruck vor allem der lebhaften musikalischen Leitung der Intendantin der Musikfestspiele Potsdam, Blockflötenspielerin und Dirigentin Dorothee Oberlinger und als fehleroptimiertes Produkt auch in den Streichern tadellosen Ensembles 1700, aber auch so manche vokale Unzulänglichkeit der Aufführung.

Sängerisch begeistert vor allen der technisch makellose, bis in höchste Lagen ausgeglichene, leichtgängige, bewegliche und absolut intonationsreine Sopran des aktuell in seinem Fach unüberbietbaren Bruno de Sá in der Rolle des Farnaspe, Patherfürst und Verlobter der Emirena. Hören Sie etwa das liebesverzagte Arioso ‚Ov’e il mio bene?‘ oder die fern der Geliebten in düsterer Todesahnung sich ergehende Arie ‚Se pur non moro al lato‘ aus dem zweiten Akt. Das zweite vokale Highlight der Aufführung bietet der lyrisch moussierende Sopran der Britin Keri Fuge in der Partie der Sabina, Adrianos ungeliebter Verlobter. In der englischen Sprache gibt es für die lyrische Attraktivität von Fuges Sopran die passenden Eigenschaftswörter sparkling, scintillating oder gleaming. Eigentlich ist der römische Kaiser Adriano aber in Emirena verliebt. Erst am Schluss ist er einsichtig, dass sich Liebe nicht erzwingen lässt: Farnaspe bekommt seine Emirena, deren Vater Osroa die Freiheit, Aquilio begnadigende Nachsicht und der Kaiser die noble Sabina.

Im Übrigen ist ein weiteres Mal erfahrbar, dass der Sänger der Titelpartie, der Countertenor Valer Sabadus, seltsam gaumig klingt und bei den Verzierungen im Ungefähren bleibt. Völlig überfordert zeigt sich Sabadus mit der dramatischen Arie im dritten Akt ‚Barbaro, non comprendo‘. Nicht wirklich Freude bereitet mir auch der junge italienische Sopranist Federico Fiori als Adrianos Adjutant Aquilio, mischt sich doch in den dynamisch gleichförmigen Vortrag ein stumpfes Vibrato.

Was die Einschätzung der übrigen Sängerschar angeht, möchte ich auf meine Besprechung über die szenische Premiere vom Vorjahr verweisen.

Das Booklet mit dem Operntext in italienischer und deutscher Sprache sowie der musikhistorisch lesenswerte Aufsatz von Rashid-S., Pegah „Der vortreffliche Herr Graun“ mögen als Atouts für diese grundlegend verdienstvolle Repertoirebereicherung verstanden sein.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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