CD CAMILLE SAINT SAENS „DER KARNEVAL DER TIERE“ – MALTE ARKONA und “Kultblechdresden”, das Bechbläserensemble der Dresdner Philharmonie; Berlin Classic
In neuer Fassung für Erwachsene – die erstaunlichen Hintergründe der größten art- und gattungsübergreifenden Singleparty des Tierreichs
Malte Arkona und die hübsche rundäugige langrotohrige und vor allem neugierige und schlaue Zeichenfigur Mezzo sind seit gut einem Jahr ziemlich beste Freunde. Nach vier Hörbüchern 2021 kamen im März mit dem ungleichen Paar „Peter und der Wolf“ sowie „Karneval der Tiere“ in fantasievollen, abwechslungsreich intonierten und absolut kindertauglichen Versionen heraus.
Dazu gibt es einmal keinen „Tigerenten Club“ oder neuen Schüler TV Quiz auf dem Servierteller. Dafür hat sich Malte Arkona eine zweite, vorsichtig als Erwachsenenversion bezeichnete Fassung des „Karneval der Tiere“ ausgedacht. Für Musikfreunde interessant ist die Aufnahme vor allem wegen der Mitwirkung von „Kultblechdresden“. Für dieses glorios glänzende Blechbläserensemble der Dresdner Philharmonie, das aus fünf Trompeten, drei Posaunen, zwei Hörnern, Tuba und Schlagzeug besteht, haben Hans-Reiner Schmidt und Markus Höller die so tierisch schöne Musik von Camille Saint-Saëns neu arrangiert und humorvoll ergänzt. Da tröten majestätisch die Elefanten, aber auch Hennen, Esel, Kuckuck oder Sittich dürfen sich über eine kunstvolle und artgerechte Synchronisation freuen.
“Liebe glückliche Alleinstehende, liebe unglücklich Verpaarte oder umgekehrt. Vielleicht gilt für Ihr Liebesleben dasselbe wie für Ihren Impfpass? Tief in ihrem Inneren wissen Sie genau, irgendwo ist er sicher noch.” Mit dieser deprimierenden und doch oft wahren Begrüßung ist vorgegeben, wo Arkona hinwill. Bei der Beobachtung der Liebessachen im Tierreich stellt sich nämlich heraus, dass es zu den Problemen der hormonell leidgeplagten Menschheit durchaus Parallelen gibt. Malte Arkona schwadroniert darüber clever und witzig, passend zum jeweiligen “Viech” albert er in allen möglichen deutschen Dialekten.
Auf jeden Fall gilt: Auch unter der fell-, feder- oder schuppenbedeckten Oberfläche rumort und gärt es. Am Ende weiß der Zuhörer nicht, sind es die lieben Tiere, die hier vor unseren Ohren ihre Spielchen und Flirts abfeiern oder sind gar wir damit gemeint? Beim Nachdenken über diese entscheidende Frage begleitet uns der “Sirtaki Turtle”, der übergangslos einem frechen Cancan weicht. Würdevoll und augenzwinkernd begleitet von den genialen Dresdner Kultblechleuten defilieren in der Geschichte Löwen, Erdmännchen, Faultier, ein rotes Riesenkänguru, Nilpferd, ein bayrischer Ameisenbär, Hyäne, Mantarochen, Seestern, allerlei schönes Gefieder wie die Kohlmeisendame, der Pelikan, die Türsteher-Kampfhähne oder die Schwanen-Influencerin an uns vorbei. Niemand will die Party versäumen, wo sich alle von ihrer besten Seite zeigen wollen. Denn die Partnerwahl wird nach durchaus strengen Kriterien betrieben.
Ein bissl sentimental darf’s auch sein: Zu den Singles in den allerbesten Jahren gehören schließlich nicht zuletzt die Fossilien. Das Publikum ist besonders beeindruckt vom smarten Auftritt der Oldies. Dann kommt noch Lady Schwan, die mit der Eleganz ihres königlichen Dahingleitens jeden trüben Tümpel zum Touristen-Hotspot macht. Nachdem der Löwe als flauschiger Zeremonienmeister den Tanz für alle eröffnet, wird dieser Karneval der Tiere erst in den frühen Morgenstunden enden. Beim hinreißend temperamentvollen Potpourri des Finales wünscht sich Mensch und Tier, die Dresdner mögen gar nicht mehr zu spielen aufhören. Aber da ist das Album schon zu Ende und die Play-Taste wartet auf ein kleines Zeichen….
Dr. Ingobert Waltenberger