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CD: „BELLE EPOQUE“ mit Daniel Hope

25.02.2020 | cd, CD/DVD/BUCH/Apps

 

„BELLE EPOQUE“ mit Daniel Hope

 Deutsche Grammophon 2 CDs   

Köstliche Klang-Delikatessen neben gehobener Salonmusik

Der Geigen-Tausendsassa Daniel Hope, einst Zögling von Yehudi Menuhin, ist seit wenigen Jahren Musikalischer Chef des Zürcher Kammerorchesters (ZKO), des vom legendären Dirigenten Edmond De Stoutz seinerzeit in Zürich gegründeten vorzüglichen Klangkörpers. Mit einem originellen Programm, das auch die Basis dieser Doppel-CD bildet, gehen sie nun auf Deutschland-Tournee.

Daniel Hope ist es mit seinem Projekt „Belle Époque“ daran gelegen, nicht nur die Klangsinnlichkeit jener Zeit, den vier Dekaden zwischen 1871, dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1871 und 1914, dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, sondern auch die Zerbrechlichkeit jener Epoche musikalisch zu portraitieren, quasi als Tanz auf dem Vulkan.

Mit Ernest Chaussons Klavierquintett „Concert en ré“, dem Herzstück dieser CD-Veröffentlichung, wirft er uns gleich in opulente „Tristan“-Harmonien, mit denen in dieser Zeit die „Décadence“ symbolisiert wurde. Nach der Gründerzeit löste sich im Jugendstil, dem „Art nouveau“, alles Gefestigte auf. Es wurden die für die Ohren gewohnten Ton-Systeme, wo man es sich „gemütlich“ eingerichtet hatte, durch sich auflösende Harmonien ersetzt, die mitunter an den Rand der Tonalität und darüber hinaus gingen. Über allem schwebte, quasi als harmonischer Übervater, Richard Wagners „Tristan“-Klang. Einige Komponisten wie Debussy und insbesondere Schoenberg, Webern und Berg wehrten sich dagegen und gingen, mehr oder weniger davon befreit, andere Wege. 

Auf der ersten der beiden CDs hören wir die verschiedensten Reaktionen auf die Klänge Wagners von Komponisten wie Jules Massenet mit der „Méditation“ der Thaïs (aus seiner gleichnamigen Oper), Richard Strauss mit dem Lied „Morgen“, Arnold Schoenbergs „Notturno“ und zwei Stücke von Edward Elgar in unüblichen Arrangements. Das Lied von Strauss „Morgen“ (mit der feinstimmigen Mojca Erdmann) wird hier, anstatt mit Klavierbegleitung, mit Geige, Harfe, Horn und Streichorchester interpretiert: sehr apart! Alles wirkt wie beim Aquarell, wo die Konturen auf nassem Papier verfliessen. Man verliert fast den Boden unter den Füssen, die sich auflösenden Dur-Moll-Gesetze geben auch keinen harmonischen Halt mehr und die Rückkehr zur erlösenden Tonika wird selten erfüllt.

Auf der zweiten CD dieses Sets spielen Daniel Hope und Simon Crawford-Phillips (Klavier) offensichtlich Original-Versionen für Geige und Klavier. Es erklingen Kompositionen von Rachmaninov, Zemlinksy, Koechlin, Fauré, Ravel, Enescu, Paul Juon – mitunter regelrechte Salon-Piècen – und dann eben auch Werke von ganz anderem Zuschnitt, wie solche der Neuen Wiener Schule mit Berg, Webern und Schoenberg.

Überflüssig zu erwähnen, dass Daniel Hope, der übrigens in allen Werken den Violinpart übernimmt, ja ein fabelhafter Kammermusiker ist und der bis zur Auflösung des Beaux-Arts-Trios als dessen Geiger tätig war. Beim „Concert en ré“ von Ernest Chausson ist es die Pianistin Lisa de la Salle, die aus dem Flügel „Wellen süsser Düfte“ in der hier präsentierten Version mit Klavier, Geige und Streichorchester hervorzaubert. In weiteren Werken brillieren Stefan Dohr (Horn), Jane Berthe und Maria Todtenhaupt (Harfen), Daria Zappa (Violine II), Ryszard Groblewski (Solo Viola) und Nicola Mosca (Solo Cello). Zusammen mit den Musikerinnen und Musikern des ZKO verleihen sie dieser Doppel-CD ihr klanglich originelles Gepräge und vor allem ein hohes Interpretations-Niveau.

Für neugierige Musikinteressierte unbedingt zu empfehlen.

John H. Mueller

 

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