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CD: ARTURO PIZZARO; SINFONIEORCHESTER WUPPERTAL, JULIA JONES: „BEETHOVEN PUR“. Odradek Records, Bestell-Nr.: ODRCD 404

05.03.2023 | Allgemein, cd

Ludwig van Beethoven

Klavierkonzerte 1 – 5

Romanze Nr. 1 G-Dur, Op. 40
Romanze Nr. 2 F-Dur, Op. 50
Andante favori F-Dur WoO 57
Rondo C-Dur, Op. 51. Nr. 1
Rondo G-Dur, Op. 51, Nr. 2

 

Artur Pizarro, Klavier
Sinfonieorchester Wuppertal
Julia Jones, Leitung

456

 

Odradek Records, Bestell-Nr.: ODRCD 404

Beethoven pur

Ein junges Label mit einem innovativen Ansatz stellt sich vor: Odradek Records.

Im Mittelpunkt der Aufnahmen stehen nicht berühmte Marketing-Namen der Musikwelt, sondern die Musik selbst. Dies zeigt sich u.a. daran, dass Odradek nach Deckung aller Vertriebs- und Produktionskosten sämtliche Erlöse der Aufnahmen den Künstlern zuerkennt. Die Musiker werden allein aufgrund ihrer musikalischen Qualität und ihres Programms ausgewählt. Alter oder internationale Reputation sind keine Auswahlkriterien.

In der vorliegenden Gesamteinspielung der Klavierkonzerte Beethovens ist der international erfolgreiche Pianist Artur Pizarro zu erleben. Der Portugiese hat in der ganzen Welt konzertiert und zahllose Aufnahmen bei diversen Labels veröffentlicht. Mit dem Klavierwerk Beethovens ist er langjährig vertraut und hat auch früher bereits dessen Klavierkonzerte mit Sir Charles Mackerras eingespielt.

Pizarro berichtet in dem sehr lesenswerten Beiheft von den Widrigkeiten, die dieses Projekt in Gefahr brachten. Es entstand in der Zeit der sog. „Pandemie“, in welcher Dauerpanik, Desinformation und soziale Ausgrenzung die zivilisierte Welt in einen großen Hort der Unmenschlichkeit verwandelten. Kultur wurde sogar als „nicht systemrelevant“ verunglimpft. Eine Schande.

In dieser verrückten Zeit gelang es aber auch, dass die Menschen, trotz aller Spaltungsbemühungen, in Teilen zusammenhielten. Ein Zeugnis dafür ist diese Aufnahme, die doch noch abgeschlossen werden konnte. Pizarro beschreibt, wie sehr der Durst nach ausgeübter Musik, diese Aufnahmen kennzeichneten.

Begleitet wird er dabei vom Sinfonieorchester Wuppertal unter der Leitung von Julia Jones.

Gelungen ist eine faszinierende Reise durch den Klavierkosmos von Ludwig van Beethoven. Artur Pizarro stellt sich ganz in den Dienst dieser Meisterwerke und spielt sie respektvoll mit eigener Note. Sein Klavierspiel ist hochsensibel und dynamisch ausgewogen. Klar erkennbar spielt er die fünf Klavierkonzerte als Zyklus, in welchem Beethoven sich als Komponist deutlich weiter entwickelte. Die ersten beiden Klavierkonzerte werden mit leichter Hand, technisch souverän gespielt, dabei immer kantabel und leicht in der Tongebung. Die langsamen Mittelsätze sind intime Intermezzi, die in die Musik hinein fragen.

Mit dem dritten Klavierkonzert ändert sich die Gestaltungsform. Ruppiger und zupackender wird nun agiert. Das Largo ist indessen ein ehrlicher, sich offenbarender Herzenston, als käme er aus einer anderen Welt. Ein intimes Seelengeständnis. Das sich anschließende Rondo wahrt gut die Mitte zwischen Trotz und Lebensfreude.

Im vierten Klavierkonzert ist die Klarheit in den zahlreichen Arpeggios zu bewundern, die Pizarro mit bestechender Klarheit leuchtend musiziert. Das Andante ist auch hier wieder ein ganz persönlich vorgetragener Dialog zwischen Orchester und Solist. Furios treffen beide in einem mitreißenden Finale aufeinander.

Im beschließenden fünften Klavierkonzert begeistert die Feierlichkeit in der Tongebung. Kein großes Getöse, sondern klare Strukturen und deutliche Transparenz in der Tongebung bei präziser Artikulation. Ein großes und zugleich virtuoses Finale gelingt den Ausführenden im finalen Rondo.

Artur Pizarro spielt einen Beethoven voller Natürlichkeit ohne Erdenschwere. Bei ihm führt Beethoven ins Licht, ohne dass es dazu irgendwelcher spieltechnischer Manierismen bedarf. Pizarro hält intensive Zwiesprache mit seinem Instrument. Dialoge voller Innigkeit und, wo gefordert, mit überschäumender Spielfreude. Agilität und Brillianz stehen Pizarro reich zur Verfügung. Dennoch ist es bei ihm die Konzentration auf die Klangfarben, die so einnehmend ist. Pizarro spielt und hält währenddessen inne, um die Musik atmen und sprechen zu lassen.

Julia Jones ist eine starke, impulsgesteuerte Leiterin des beherzt aufspielenden Sinfonieorchesters Wuppertal. Ihr Klangbild orientiert sich eher an der historischen Aufführungspraxis, d.h. die Streicher spielen zuweilen mit weniger Vibrato und die Pauken mit harten Schlägeln. So erklingt Beethoven schroff und rhythmisch pointiert. Die kantablen Momente bleiben nicht ausgespart, im Gegenteil. Die Holzbläser gefallen außerordentlich mit ihrer warmen Tongebung und so mancher charaktervollen Note. Schneidig, strahlend unterstützen die sauber intonierenden Trompeten und Hörner. Das ist kein konventioneller, im Hintergrund verbleibender Beethoven. Offensiv, zupackend, frisch und ideenreich spielen die Wuppertaler unter der Leitung von Julia Jones. Ein Gewinn.

Das Klangbild dieser Aufnahme ist ungewöhnlich und bedarf ein wenig der Gewöhnung. Der Orchesterklang wirkt ein wenig entfernt, sehr weiträumig und doch detailreich. Ganz klar, das Klavier steht hörbar im Mittelpunkt der Aufnahme. Für den Zuhörer entsteht der Eindruck, als säße er dabei im wunderbar klingenden Bechstein Flügel, den Pizarro so sensibel zu spielen weiß. Im vollen Tuttiklang vermischen sich beide Parteien gut miteinander, sodass sich das kompositorische Wunder dieser herrlichen Kompositionen im sehr engagierten Vortrag der Musiker gut entfaltet.

Sehr gelungen sind die solistischen Beigaben dieser CD-Box, in welchen Artur Pizarro einmal mehr seine besondere Gestaltungsgabe beeindruckend entfaltet.

Eine gelungene Zusammenstellung der Werke Beethovens, die das große musikalische Genie des Komponisten in idealer Weise würdigt.

Neben der sehr natürlichen Aufnahmetechnik ist auch das informative Beiheft zu loben.

Dirk Schauß, 05. März 2023

 

 

 

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