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CD: ALBIN FRIES SONGS

„Letzte Lieder“ mit schimmerndem Trauerrand

20.10.2024 | cd, CD/DVD/BUCH/Apps

fries cover 3198~1

CD:
ALBIN FRIES SONGS
Margarita Gritskova, Mezzosopran
Albin Fries, Klavier
Label:  Gramola

„Letzte Lieder“ mit schimmerndem Trauerrand

Der aus Oberösterreich stammende Albin Fries hat als Komponist zwei Phasen seiner Karriere hinter sich. In seiner Jugend schrieb er, wie es damals „modern“ war, atonale Musik, was ihn auf die Dauer nicht befriedigte. Nach einer Generalpause von zwei Jahrzehnten begann er erneut – in tonaler Musiksprache. Romantisches nicht scheuend. Das verschaffte beispielsweise seiner Kinderoper „Persinette“ 2019 an der Wiener Staatsoper zu einem großen Erfolg.

Einer seiner Schwerpunkte lag stets bei Liedern, und darum geht es auch auf der CD „Songs“, die nun an der Schwelle von Fries‘ 70. Geburtstag heraus kam.

Grundsätzlich fällt der absolut brillante Klavierpart der Stücke auf, und das verwundert nicht, wollte Fries doch ursprünglich Konzertpianist werden. Nicht zuletzt aus Rücksicht auf seine damalige Familie wählte er allerdings den Brotberuf des Korrepetitors an der Wiener Staatsoper, wo er als Spezialist für Wagner und Strauss galt. Zahllose Sänger sind damals durch seine kompetent-helfenden Hände gegangen, und viele von ihnen haben seine Lieder interpretiert.

Die Heldin der CD ist allerdings (neben dem absolut brillanten Fries am Klavier)  die russische Mezzosopranistin Margarita Gritskova, seit sechs Jahren die Lebensgefährtin von Fries, für die er zahlreiche Lieder der CD, die 24 Nummern umfasst,  komponiert hat.

Wichtig ist immer die literarische Vorlage – Fries wählt fast durchwegs dichterisch Hochwertiges, und er wagt es auch, sich mit Rückerts beklemmendem „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ in den direkten Vergleich zu Gustav Mahler zu begeben – was deshalb gut ausgeht, weil die Musiksprache von Fries eine total andere ist.

Die CD bietet Werkblöcke nach verschiedenen Gesichtspunkten – zuerst, „Jahreszeiten“ genannt, das, was man Naturlyrik nennen kann, was vom Frühling bis zur Weihnacht reicht und in Hermann Hesses „Seltsam im Nebel zu wandern“ einen mystischen Höhepunkt findet. Die fünf Rückert-Lieder, für Margarita Gritskova komponiert, handeln dann von Gefühlen aller Art.

Viel Beachtung fand Albin Fries 2013, als er im Auftrag einer Sängerin einen Zyklus von Gedichten aus der Feder von Kaiserin Elisabeth vertonte (2017 als „Sisi Poems“ schon auf CD erschienen). Drei davon sind nun auch auf dieser CD enthalten und zeigen, dass der Komponist die unglückliche Kaiserin (egal, wie banal ihre Verse sein mögen) verstanden hat – nämlich als wirklich gequälte Seele.

fries, die zwei 3~1

Nach einigen weiteren literarisch hochwertigen Liedern schließt die CD mit „Fünf letzten Liedern“, (Opus  53), auch diese  für Margarita Gritskova komponiert, auf Texte von Theodor Storm und der österreichischen Schriftstellerin und Lyrikerin Edith Haller – und wenn hier in Variationen von Verlust die Rede ist, so markieren sie auch den sanften Trauerrand, der diese CD-Veröffentlichung umgibt. Denn Albin Fries verkündet hier, einem fortschreitenden Verlust seines Gehörs geschuldet, seinen Abschied vom Komponieren.

Immerhin hat er sich und seiner Lebensgefährtin hier noch ein wunderbares Denkmal gesetzt. Man kennt Margarita Gritskova aus der Staatsoperndirektion von Dominique Meyer, wo sie eine sensationelle Karriere hingelegt hat, von Mozart bis Carmen, von Rossini bis zur Moderne, eine tolle dunkle Stimme, eine aufregende Bühnenpersönlichkeit, eine besonders schöne Frau. Dass man sie seit der Direktion Roscic nicht mehr in der Staatsoper hört, ist unverzeihlich. Sie singt die Lieder, die Fries interessanterweise mit einer ziemlich hohen Tessitura versehen hat, mit ihrer golden schimmernden Mittellage und mühelosen Höhe, ihre Tiefe wird weniger gefordert. Und rundum umschmeichelt sie der üppige, meist geradezu hoch romantische Klavierpart, in dem Fries liebend das „Zeugnis enger künstlerischer und menschlicher Verbundenheit“, wie er sagt, manifestiert.

Renate Wagner

 

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