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Catrin Möderler: AM RAND DES RUHMS

Dramatische Schicksale vergessener Menschen

02.03.2025 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

buch am rande des ruhms 9783384189790~1

Catrin Möderler
AM RAND DES RUHMS
UNGESCHRIEBENE THEATERBIOGRAPHIEN
212 Seiten, Verlag tredition, 2024

Dramatische Schicksale
vergessener Menschen

Das besondere Interesse der Kulturjournalistin Catrin Möderler gilt der Theatergeschichte des 19. Jahrhunderts. Dazu hat sie schon mehrere biographische Bücher veröffentlicht. Drei galten der Familie Röder – Ferdinand Röder war zu seiner Zeit Schauspieler und Direktor zahlreicher deutscher Bühnen, die Opernsängerin Berta von Romani-Röder war eine seiner Gattinnen, die an Wiener Bühnen als Operettensängerin gefeierte Mila Röder war seine Stieftochter. Weitere Bücher widmete sie dem Schauspieler und oftmaligem Wiener Theaterdirektor Carl Blasel sowie der einst erfolgreichen Schauspielerin Claire Wallentin.

Nun hat Catrin Möderler ein Buch über bisher „ungeschriebene Theaterbiographien“ heraus gebracht, Einzelschicksale, von denen sich einige am Rand ihrer bisherigen Protagonisten abgespielt haben. Wenn die Autorin an den Beginn des Buches an den „kleinen Trebitsch“ erinnert, so ist dieses Theaterkind oft mit Mila Röder auf der Bühne des Theaters an der Wien gestanden. In dem Schicksal des Jungen, des kleinen Johann Trebitsch, der 1876 an Diphterie starb, erfährt man einiges über Kinderdarsteller, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr beliebt waren (er stand in komischen Rollen für Operetten von Jacques Offenbach und Johann Strauss auf der Bühne) und die von keinerlei Gesetzen und Gewerkschaften vor Ausbeutung geschützt wurden…

Ein ähnlich tragisches Schicksal steht am Ende des Buches, wo es um den afroamerikanischen Schauspieler Ira Aldridge geht, der in den USA als erster Schwarzer eine große Karriere als Shakespeare-Darsteller machte (sein Durchbruch erfolgte, als er für den großen Edmund Kean einspringen durfte!), auch in Europa sehr gefragt war, viele anstrengende Gastspielreisen unternahm – und am Ende einsam während einer Polen-Tournee starb und in Lodz begraben ist…

Seitenschicksale zu ihren früheren Büchern ergeben sich, wenn die Autorin von dem kriminellen Grafen Gisbert Wolff-Metternich, dem ersten Gatten von Claire Wallentin,  erzählt, von Anna-Elisabeth Schilling-Dubenowsky, einer der Gattinnen von Ferdinand Röder und Mutter von Mila Röder, oder von den Schwestern von Carl Blasel. Aber auch die hoch begabte Geigerin Anna Senkrah (ein Foto zeigt sie mit Franz Liszt am Klavier, der sie begleitete) kommt vor, die sich von der Untreue ihres Gatten in den Tod treiben ließ…

Vergessene Namen, vergessene Schicksale, die aber – trefflich recherchiert, mit reichlich zeitgenössischem Material versehen – wirklich spannend erzählt werden. Theatergeschichte am Beispiel von Menschenschicksalen – glücklich war kaum einer von jenen, die hier in Einzelkapiteln im Mittelpunkt stehen…

Renate Wagner

 

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