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Burgenlands Open Air-Spektakel: „Aida“ pompös und eine auffrisierte „My Fair Lady“ – ein Schritt vor oder einer zurück ?

Burgenlands Open Air-Spektakel: „Aida“ pompös und eine auffrisierte „My Fair Lady“ – ein Schritt vor oder einer zurück ?

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Ist dies geistig wie kulturell ein Schritt vor oder einer zurück? Weder so noch so. Als die Seespiele Mörbisch 1956 ins Leben gerufen wurden, ist das hauptsächliche Anliegen gewesen, dem Tourismus im Burgenland eine Attraktion zu bieten, welche das Publikum anzuziehen vermag. Mit heimischen Künstlern und auf die Pflege bodenständiger Werte bedacht – dies ist anno dazumal nun einmal die glorreiche Wiener Operette gewesen. Harald Serafin hatte als Intendant von 1993 bis 2012 lockend dann noch das ‚Mekka der Operette‘ dazu geholt. Als höchst erfolgreicher Vermarkter – ohne jedoch dass ihm Wiens Islam-geprägte-Gemeinde hierher gefolgt wäre. 

Nach Serafin haben Burgenlands politische Macher eher ahnungslos ihre Troubles gehabt. Entertainer Gerald Pichowetz als Intendant: Gleich wieder abgesetzt, populär gedacht doch finanziell zu riskant geplant. Der exzellente Opernsänger Peter Edelmann folgte von 2018 bis 2022: Auf die gute alte Operettentradition setzte er. Bereits zu farblos? Denn Landeshauptmann Hans Peter Doskozil bestellte 2021 Alfons Haider als Generalintendant für Burgenlands diverse Sommerspektakel (Güssing etc.)…. und Edelmanns Abgang ist nicht der edelste gewesen. Nicht unwesentliche Akzente stetzte Dagmar Schellenberger – aber auch sie musste gehen!

Doskozil schreibt sich mit seiner frisch erschienen „Hausverstand“-Biografie auch solch einen zu. Und seine Hingabe zu Alfons Haider hat sich von der geschäftlichen Seite für ein breites Publikum sehr wohl als tauglich erwiesen. Weg mit der heimischen Tradition, ein Fußtritt für Johann Strauß, nun leben wir in der Zeit des (bereits ebenfalls gealterten) Musicals. Und Haider versteht sehr intelligent die Blicke auf sich zu ziehen, gehörig die Werbetrommeln zu schlagen. Frederick Loewes „My Fair Lady“ im heurigen Angebot ist für die vielen in Autoschlangen Anreisenden natürlich auch schon ein alter, ein 68jähriger Hut. Uraufgeführt 1956 in New York. Also kein Schritt nach vorne. „Es grünt so grün“ klingt nach wie vor nicht schlecht, und die 30 Verwandlungen des Bühnenbildes – diese auffrisierte Reminiszenz kommt bei den Mörbisch-Besuchern schon ziemlich gut an. Für die kommende Saison wirbt Burgenland Tourismus bereits für eine Bühnenfassung von „Saturday Night Fever“, dem New Yorker Subkultur-Tanzfilm aus dem Jahr 1977. Also, auch wenn wohl burgenländisch aufgebügelt: Ebenfalls ein Blick zurück, locker und gut gelaunt mit den Bee Gees.

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In der Oper im Steinbruch St. Margareten hat man 1996 erfolgreich mit „Nabucco“ begonnen. Sicher nicht auf allererste Klasse, doch in den Jahren der aufkommenden Regietheater-Verwurstellungen um ansprechende Werktreue bedacht. Doch damals genauso wie heute wie es sich für ein solch imposantes Gelände gehört: Alte Oper, so seriös geschaffen wie auch immer, soll als Show genossen werde. Wie damals wird jetzt spekuliert: So viele berühmte Opern gibt es nicht, welche der Masse erfolgreich verkauft werden können – somit ist ein sehr beengtes Open Air-Repertoire gegeben. Ein breites, alles andere als ein spezielles Opernpublikum muss nach St.Margarethen gelockt werden. Somit heißt es heute unter Serafin jr.: Künstlerisch weder ein Blick zurück noch ein Schritt nach vorne.

Nach „Carmen“ und den Stierkämpfern ist nun der Triumphmarsch der ägyptischen „Aida“ spektakulär zu hören. Aus einem heimischen Spektakel ist nun ein world-wide Kunterbunt geworden. Das Orchester kommt aus Ungarn, der Dirigent ist Mexikaner, die spritzigen Wassereffekte sind französischer Machart, aus fünf Nationen haben sich die tollen Stuntmen eingefunden. Das mehrfach besetze passable Sängerteam: total international. Und da die Kostümierung in Italien geschaffen wurde – St.Margarethens so üppige „Aida“ wirkt wie dem Venezianischen Karneval entlehnt. Und im nächsten Jahr wird „Der fliegende Holländer“zu erleben sein. Passt sehr gut in diese imposante Naturkulisse.

Meinhard Rüdenauer

 

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