09.06.2024: „8th IVÁN NAGY INTERNATIONAL BALLET GALA“. – fulminantes Tanzfest mit edlen Gästen
Sie hat längst Tradition: die internationale Ballettgala zur Erinnerung an Iván Nagy. Der ungarische Tänzer mit internationaler Karriere – u.a. hatte er Engagements am National Ballet of Washington, DC., am New York City Ballet und American Ballet Theater – war ein idealer Danseur noble des klassischen Balletts. Berühmt für seine Technik und seine Ausdruckstärke tanzte er mit allen bedeutenden Ballerinen seiner Zeit wie Margot Fonteyn, Carla Fracci, Natalia Makarova, Cynthia Gregory oder Gelsey Kirkland. Nach seinem Abschied von der Bühne arbeitete er u.a. als Ballettmeister beim Australien Ballet und war Artistic Director vom Santiago City Ballet. Weitere Stationen führten ihn mit Leitungsaufgaben ans Cincinnati Ballet und als Artistic Director ans English National Ballet. 2012 kehrte Iván Nagy schließlich nach Budapest zurück, wo er wegen seiner reichen Erfahrung und hohen Expertise als Artistic Advisor des Generaldirektors der Ungarischen Staatsoper fungierte.
Zu seinem Gedenken findet daher jedes Jahr in der ungarischen Staatsoper eine Ballettgala mit internationalen Gästen statt – bei dieser 8th Iván Nagy International Ballett Gala anlässlich seines 10. Todestages charakterisierte Ballettdirektor Tamás Solymosi bei seinen einleitenden Begrüßungsworten „honour“ als den passenden Begriff, der alles umfasst, was im Kontext mit Iván Nagy zu sagen ist, wenn es den zeitlichen Rahmen sprengen würde, alles aufzuzählen, was diese beeindruckende Tänzerpersönlichkeit ausgemacht hat: „honour to work with him, honour to learn form him, honour to follow him.“
Tradition ist es ebenfalls, dass im Rahmen dieser Ballettgala diejenige Person geehrt wird, die sich in den „Nussknacker“-Vorstellungen im vergangenen Dezember durch herausragende Leistungen besonders bewährt hat: diesmal wurde Stage Manager István Sárkány mit dem „Solymosi Artistic Award“ geehrt.
In bewährter Weise führte Melitta Gyüdi mit charmanter zweisprachiger Moderation (Ungarisch/Englisch) durch den Abend. Das äußerst interessante Programm mit einigen Attraktionen des aktuellen Spielplans der letzten Monate wurde von Tamás Solymosi zusammengestellt. Neben dem Ungarischen Nationalballett traten auch wieder Studierende des Hungarian National Ballet Institutes auf sowie drei Gastsolisten.
Begonnen wurde mit der Polonaise und Mazurka aus der „Paquita Suite“ (Choreografie: Marius Petipa/Albert Mirzoyan/Irina Prokofieva/Tamás Solymosi; Musik: Ludwig Minkus/Edouard Deldevéz), mit Verve getanzt von den Studierenden des Hungarian National Ballet Institute.
Motomi Kiyota (Grand Sujet Hungarian National Ballet) hatte bereits mehrfach – u.a. auch bei der vorjährigen Iván Nagy Gala – reüssiert. Er faszinierte auch diesmal wieder mit seinem enormen Sprungvermögen, das er durch hohe, raumgreifende und technisch sehr anspruchsvolle Sprungkombinationen im Pas de deux aus „Le Corsaire“ (Choreografie: Marius Petipa; Musik: Adolphe Adam) unter Beweis stellte. Tatyjana Melnyik (Principal Dancer HNB) fungierte hier als seine exzellente Partnerin – sie begeisterte mit präziser Technik und perfekten Fouettés.
Exzellente Tänzerin: Tatyjana Melnyik in der Solovariation vom Pas de deux aus „Le Corsaire“(© Attila Nagy / Hungarian State Opera)
Der nächste Beitrag aus dem klassischen Ballettrepertoire wurde von Maria Beck (Principal Dancer HNB) und Boris Zhurilov (Semi Soloist HNB) geboten: die beiden waren ein elegantes Paar im Pas de deux aus „Esmeralda“ (Choreografie: Jules Perrot; Musik: Cesare Pugni).
Einen Ausflug in die Welt des portugiesischen Fado brachten Tango Harmony Budapest mit Sängerin Veronika Vamos: in der gleichnamigen Choreografie von Adrienn Rafai-Vetési zur Komposition von Armadinho tanzte Cecilia Pokoláb seelenvoll von Sehnsucht, Nostalgie, Trauer, Schmerz, aber auch von Liebe und Freude – all das umfassen die typischen melancholischen Klänge dieser Musikrichtung, einfühlsam gespielt von Bartha Katalin (Violine), Bartha Péter (Bandoneon), Lázár György (Klavier) und Piukovics Gábor (Kontrabass). Die junge Tänzerin ist Chamber Artist im Hungarian National Ballet Institute und erhält nach Abschluss ihrer Ballettausbildung als erste Absolventin dieser Ausbildungsstätte im Herbst einen Vertrag für das Corps de ballet im Ungarischen Nationalballett.
Stupende Technik und edle Linie demonstrierte dann Denys Cherevychko, der als Gasttänzer vom Wiener Staatsballett eingeladen war und gemeinsam mit Maria Yakovleva (Principal Dancer HNB) auftrat, die sich mit exquisiter klassischer Technik und eloquentem Stil präsentierte. Die beiden tanzten einen Pas de deux aus „Talisman“ (Choreografie: Marius Petipa; Musik: Riccardo Drigo).
Fein getanzt: Denys Cherevychko und Maria Yakovleva im „Talisman“-Pas de deux (© Attila Nagy / Hungarian State Opera)
Nach der Pause wurde mit „Études“ von Harold Lander zur Musik von Carl Czerny und Knudåge Riisager fortgesetzt. Dieses Werk, das klassischen Tanz stilvoll auf höchstem Niveau vereint, vervollständigte als brillanter Schlusspunkt diese Aufführung. Hier wird formvollendet auf der Bühne gezeigt, was jeden Tag im Ballettsaal erfolgt: klassisches Training. Begonnen wird mit Übungen an der Stange, die Bewegungsabfolgen steigern sich stetig in immer komplexere und diffizilere Schrittkombinationen bei sich steigerndem Tempo.
Grandioses Trio: Adhonay Soares da Silva, Inès McIntosh und Motomi Kiyota in „Etudes“ (© Attila Nagy / Hungarian State Opera)
Technisch höchst anspruchsvoll, reüssierten hier solistisch mit virtuosem Tanz die Gäste Inès McIntosh (Première Danseuse Paris Opera Ballet) und Adhonay Soares da Silva (Principal Dancer Stuttgart Ballet) sowie das ausgezeichnet tanzende Corps de ballet des Ungarischen Nationalballetts. Motomi Kiyota gefiel hier außerordentlich als dritter Solist im Abschlussstück dieses bemerkenswerten und hochkarätig besetzten Galaabends.
Das mit viel Esprit spielende Orchester der Ungarischen Staatsoper wurde mit sorgsamer Umsicht wie temporeichem Feuer von Imre Kollár geleitet. Langhaltender intensiver Beifall – bereits als Zwischenapplaus bei den einzelnen Programmnummern – sowie großer Jubel galt am Ende allen Mitwirkenden dieser Hommage an Iván Nagy, der mit dieser großartig getanzten Ballett-Gala glanzvoll gewürdigt wurde.
Ira Werbowsky