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BUDAPEST: DIE FRAU OHNE SCHATTEN. Premiere

26.05.2014 | KRITIKEN, Oper

BUDAPEST/ STAATSOPER : DIE FRAU OHNE SCHATTEN am 25.4.2014 (Premiere)

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„Die Reifen des Schicksals“ Foto: Peter Herman/ Attila Nagy

 Historischer Tag für die Budapester Staatsoper. Im Rahmen des Richard-Strauss-Festivals (noch bis 10. Juni) kam es zur ungarischen Erstaufführung(!) von Strassens Monumentalwerk „Die Frau ohne Schatten“.

Und um es gleich vorwegzunehmen : das mutige Unterfangen gestaltete sich zu einem vollen, um nicht zu sagen: triumphalen Erfolg.

Was nicht nur wegen des Schwierigkeitsgrads und der Länge der Oper, sondern auch aufgrund der dezidiert nicht-traditionellen Inszenierung von Szikora János keine ausgemachte Sache war.

Das durchaus mysteriöse,alle Akte hindurch gleichbleibende Bühnenbild von Horesnyi Balász, stellt eine seltsame Mischung aus unterirdischer Parkgarage und Abschussrampe für das Raumschiff Orion dar.Von den Säulen blättern die Kacheln, und das ganze Geschehen wird videoüberwacht(und die Bilder auf eine Leinwandleiste projiziert). Eine Szenerie, die auf den ersten Blick überhaupt nicht einladend wirkt und eher zum Gähnen verleitet, die aber durch die faszinierenden, mit mythologischen Zitaten versehenen, Kostüme von Zoób Kati und eine äußerst raffinierte Lichtregie Schritt für Schritt zu Leben erweckt und mit Sinn erfüllt wird.

Szikora gelingen im Lauf des Abends unheimlich eindrucksvolle Bilder: wie die Brüder Barak einen riiiiiiesigen LKW-Reifen hereinrollen, wie sich die verführte, mit Juwelen behängte Färbersfrau in eine Schlange von Nutten einreiht, wie hinter den total abgefallenen Kacheln einer Garagensäule plötzlich das versteinerte Bild des Kaisers erscheint, wie die verzweifelte Kaiserin inbrünstig eine Videokamera ansingt, hinter der sie ihren abwesenden Vater Keikobad vermutet, wie die „höheren Mächte“ ihre liveballmässig gekleideten roten Cherubime in die trostlose Halle schicken…und und und…

Ebenso hochstehend die musikalische Seite der Aufführung.

In einer Aufwallung von Nationalstolz schickte die Staatsoper nahezu ausschließlich ungarische Kräfte ins Rennen. Hätte ins Aug gehen können, gelang aber glänzend.

In erster Linie dank des geradezu olympischen Primadonnentrios : Sümegi Eszter (Kaiserin ), Komlósi Ildiko (Amme) und Rálik Szilvia (die als Färberin letztlich vielleicht doch den Vogel abschoss), die einander gegenseitig zu immer größeren Höchleistungen anspornten.

Und natürlich auch aufgrund der nicht minder brillanten Leistung des jungen Dirigenten Halász Péter (seit kurzem auch Musikdirektor des Hauses). Er bestieg das von ihm selber als „Gebirge“ beschriebene Werk unfallfrei mit souveräner Bravour und brachte „die schwierigste Partitur der Operngeschichte“ scheinbar mühelos in all ihren Nuancen zum Glühen, ohne je Gefahr zu laufen, die Stimmen zuzudecken.

Sehr überzeugend auch der „gute Latsch“ Barak (Heiko Trinsinger, der einzige Nicht-Ungar), exzellent der Kinderchor, leider ein wenig hölzern – wie aber meistens (was auch an der Rolle liegen mag) – der Kaiser (Kováczházi István)…

Alles in allem eine fast als sensationell zu bezeichnende Top-Produktion von Straussens „Opus Magnum“, die eine Reise nach Budapest sicherlich wert ist. Wie wahrscheinlich auch die noch ausstehenden Inszenierungen des Festivals (Salome, Elektra, Rosenkavalier, Ariadne und Arabella).

 Robert Quitta, Budapest

 

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