Buchrezension:
Johannes Odenthal (Hsg): Ismael Ivo. Ich glaube an den Körper. Mit Fotografien von Anno Wilms und Dieter Blum. Verlag Spector Books OHG Leipzig, 2022. 240 Seiten, zahlreiche Fotos (farbig und schwarz/weiß), ISBN 978-3-95905-623-6; 32,90€.
Das vorliegende Buch setzt dem im Vorjahr verstorbenem weltbekannten Tänzer Ismael Ivo ein Denkmal. 1955 in einem Armenviertel von São Paulo geboren, war er erfolgreicher Tänzer, Choreograf, Pädagoge und hat sich auch als Initiator und Direktor von Tanzfestivals wie ImPulsTanz in Wien einen Namen gemacht. Er war eine international renommierte Persönlichkeit, die Tanzgeschichte geschrieben hat. In diesem Werk geben zahlreiche Fotos von Anno Wilms und Dieter Blum lebhaftes Zeugnis von Ismael Ivos kreativer Tätigkeit. Interviews aus verschiedenen Schaffensphasen zeichnen ebenso wie Erinnerungen von Personen, die seinen künstlerischen Weg begleitet haben, ein umfassendes Bild von diesem charismatischen Künstler. Nach der Einstimmung von Herausgeber Johannes Odenthal ein Visionär des Körpers über die frühen Soloproduktionen von Ismael Ivo, kommen u.a. Dudu Tucci (Percussionist und Komponist), Mara Borba (Choreografin und Performerin), Andrée Valentin (seine erste Managerin), Irene Sieben (Journalistin und Bewegungsforscherin) und Francesca Harper (künstlerische Leiterin Ailey II) zu Wort.
Gespräche von Johannes Odenthal mit Ismael Ivo aus den Jahren 2004, 2013, 2017 bzw. von 1995 sind ebenso enthalten wie sein Beitrag zu einer weiteren künstlerischen Periode (Verbindung von radikaler Theatermoderne mit Postkolonialismus), aber auch das Gespräch von Odenthal mit Werner Schretzmeier (Mitbegründer und Leiter des Theaterhauses Stuttgart), mit der Tänzerin Riccarda Herre, mit dem bildenden Künstler Gottfried Helnwein und mit Marcel Kaskeline (Architekt und Bühnenbildner) sind Teil dieser lesenswerten und informativen Publikation.
Karl Regensburger, Intendant von ImPulsTanz, beschreibt den Beginn der langjährigen Zusammenarbeit mit Ismael Ivo. Marcel Kaskeline schreibt über Thereza Santos, eine frühe Mentorin und lebenslange Freundin von Ivo sowie über die Entstehung der künstlerischen Freundschaft mit George Tabori und die Bedeutung von Robert Mapplethorpe für Ivo.
Von der Künstlerin Penelope Wehrli stammt das Kapitel über Raum und Körper im Choreografischen Theater. Koffi Kôkô ergänzt seine Verbundenheit mit Ivo als Bruder des gleichen Ursprungs. Gabriele Brandstetter (Theaterwissenschafterin) verfasste eine Hommage über den Ausnahmekünstler. Petra Schaeber (freie Autorin) interviewte sowohl Cássia Navas (Tanzwissenschafterin und Bewegungsforscherin) als auch die Tänzerin Fernanda Bueno. Der Tanzkurator Rino Achille de Pace berichtet von seinen Erinnerungen an die Zusammenarbeit mit Ivo in Venedig. Natürlich kommen auch Ivos choreografische Assistentinnen Franca Pagliasotto, Valentina Schisa und Elisabetta Violante zu Wort und berichten von ihrer Zusammenarbeit mit dem charismatischen Künstler. Das letzte Kapitel stammt von Danilo Santos de Miranda (Regionalleiter SESC São Paulo über Ismael Ivo und europäisch-brasilianische Kooperationen.
Eine Werkliste und biografische Daten zu Ismael Ivo vervollständigen das umfassende Produkt, in dem auch alle verliehenen Auszeichnungen angeführt sind inklusive dem 2021 posthum verliehenen Österreichische Kunstpreis für Darstellende Kunst.
Diese Publikation, die im Rahmen von ImPulsTanz Wien in einer Präsentation im Wiener Volkstheater vorgestellt wurde, stellt ein wichtiges umfangreiches Dokument der aktuellen Tanzgeschichte dar, die Ismael Ivo mit seiner faszinierenden Persönlichkeit über Jahrzehnte bestimmt hat. Ira Werbowsky