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Buch / Mona Horncastle: PEGGY GUGGENHEIM

Versuch einer Ehrenrettung

25.11.2025 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

978322215 c1293 01~1

Mona Horncastle
PEGGY GUGGENHEIM
224 Seiten, Molden Verlag, 2025

Versuch einer Ehrenrettung

Amerikanische Millionärstöchter gab und gibt es viele. Aber nicht jede macht aus ihrem Leben ein – Kunstwerk. Kunststück, wenn man Guggenheim heißt, könnte man meinen. Dennoch steckt hinter dem Leben der Peggy Guggenheim eine bemerkenswerte Leistung. Auf diese Würdigung läuft die Biographie von Autorin Mona Horncastle hinaus.

Die Buchserie „Reihenweise kluge Frauen“ gibt ihren Heldinnen immer drei Begriffe mit. Für Peggy Guggenheim wären nach landläufigen Vorurteilen wahrscheinlich „Exzentrikerin, Skandalnudel, Geldesel“ angebracht, und die Autorin erwähnt im Vorwort strafend die „schlechte Presse“, die man der Millionärin, Kunstsammlerin und Museumsgründerin während ihres Lebens und auch danach angedeihen ließ. Mona Horncastle entschied sich für die Charakteristika „Freigeist – Mäzenin – Femme fatale“ und legt den Schwerpunkt vor allem auf die Mäzenin und die Welt der Kunst.

Ein Freigeist war Peggy Guggenheim (* 1898, † 1979) sicherlich, allein, weil sie beschloss, keinen reichen jüdischen Mann zu heiraten, wie es New Yorker Familientradition war, sondern ein selbst bestimmtes Leben zu führen. Dass das nur dank der erheblichen finanziellen Mittel möglich war, die ihr von Seiten der Familie zukamen, ist auch klar – eine arme junge Frau hätte weder den Entschluß fassen können, nach Belieben in Europa zu leben (und einen Palazzo in Venedig zu kaufen), noch, gewaltige Summen für Kunst auszugeben.

Der Begriff der „Mäzenin“ steht im Zentrum, denn wichtiger als alles andere ist der Autorin die Schilderung der Kunstwelt, in der Peggy sich bewegte und in der sie durch ihre Bereitschaft, großzügig in Kunst zu investieren, natürlich eine große Rolle spielte. Wobei sie aus heutiger Sicht, obwohl (oder weil) keinerlei kunstgeschichtliche Kenntnisse sie beschwerten, einen ungeheuren Instinkt für die Qualität einer Moderne bewies, die zu ihren Zeiten längst noch nicht anerkannt war (schon gar nicht in den Museen). Dass sie nicht nur Bilder kaufte, auch um Künstler zu fördern, sondern auch, um vielen von ihnen die Flucht zu ermöglichen, als ihre Kunst als „entartet“ galt, wird besonders betont. Und dass sie, als sie später selbst Galerien und in Venedig ein Museen gründete, eine Ausstellung veranstaltete, die sich ausschließlich der Frauenkunst widmete, wird ihr von den heutigen Feministinnen hoch angerechnet.

Die „Femme fatale“ spielt für die Autorin die geringste Rolle. Zweifellos hat Peggy Guggenheit selbst viel dazu beigetragen, dass sie als Person im Mittelpunkt stand: Sie zelebrierte sich selbst als Exzentrikerin und machte aus ihrem breit angelegten Liebesleben in ihren Memoiren kein Hehl. Sich hier zurück zu halten und sich nicht dem „Boulevard“ zu ergeben, war der Autorin ein Anliegen. Allerdings gehört auch das Private zu einem Leben, und man muss es ja nicht als Klatsch aufbereiten, sondern kann es sachlich einordnen. Aber wer nach dieser Biographie weitere Lust auf Peggy bekommen hat, findet ihre Lebenserinnerungen vielleicht noch antiquarisch.

Der Band des Molden Verlags, ganz in Blau gehalten, bietet reiches Bildmaterial, allerdings wenig von den Fotos mit Riesenbrillen und grandiosen Posen, die es von ihr gibt (immerhin ist eines am Titel des Buches). Indem Klischees aufgebrochen wurden, neue Blickwinkel gewählt, ist das Ziel einer Ehrenrettung mehr oder minder erreicht – wenn auch gerade in unserer Welt wilde Affären eigentlich kein Problem mehr sein sollten, vor dem man sich drückt.

Renate Wagner

 

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