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BREGENZ/ Seebühne: DIE ZAUBERFLÖTE. Premiere

18.07.2013 | KRITIKEN, Oper

DIE ZAUBERFLÖTE 17. 7. 2013.  Seebühne ab Wasserprobe mit Regen

 Die Produktion bietet vor allem viel Spektakel fürs Auge, Action pur, ein spannendes Märchen für alle.

Musikalisch ist sie sehr durchwachsen. Am besten klangen die Stimmen der drei Damen Magdalena Anna Hofmann, Verena Gunz und Katrin Wundsam sowie die drei Knaben Laila Salome Fischer, Eva Dworschak und Dymfna Meijts. Sie sangen alles im Festspielhaus neben dem Orchester und waren damit gegenüber den auf der Bühne Singenden klar im Vorteil, denn die Verstärkeranlage funktionierte nicht so gut wie im Vorjahr.

Alfred Reiter als Sarastro durfte seine Hallenarie erst ab der zweiten Strophe singen, wurde (wie auch der Chor) um das erste Finale „betrogen“, konnte aber nicht wirklich überzeugen. Statt Rainer Trost sang Norman Reinhardt den Tamino. Wie die Stimme tastsächlich ist, kann man kaum feststellen, nur dass die Bildnisarie der Nervosität zum Opfer fiel, dann erinnerte sein Stil aber mehr an Lohengrin. Sehr erfreulich musikalisch Ana Durlovski als finstere Königin im üblichen Blau. Gisela Stille vermittelte als Pamina viel Stimme und wenig Wärme. Der Sprecher von Eike Wilm Schulte war sehr ehrwürdig als Person, der zweite Geharnischte, im Festspielhaus stehend, war leider nicht gut, das gilt auch für Martin Koch als ersten Geharnischten, während sein Monostatos darstellerisch sehr gut war. Daniel Schmutzhard ist ein bekannt guter Papageno, der auch alle Witze ausschlachtet. Nett war die Papagena von Denise Beck.

Dass viel von der Musik  zugunsten eingeschobener (schlechter) Texte gestrichen wurde (zum Beispiel vor der Rachearie der Königin das Testament des verstorbenen Gatten), ist absolut unnötig.

Die Effekte und die Regie haben etwas an sich und es gibt immer viel zu sehen, sehr gut und beeindruckend sind die Puppen für die drei Damen, die auf Saurier-Pferden reiten, sowie die Geharnischten auf ihren Einhörnern, weniger schön die drei Knaben. Die wirken mit ihren hässlichen überdimensionalen Bakelit-Puppenköpfen richtig abstoßend. Weniger glücklich waren die Ideen (eher gar keine) für die Feuer und Wasserprobe.

Der Prager Philharmonische Chor unter der Leitung von Lukas Vasilek sang das Wenige sehr gut, Patrick Summers Beziehung zu Mozart könnte liebevoller sein, allerdings fanden die Wiener Symphoniker einen feinen Ton. Feinere Phrasierung ist bei solchen Events nie gut möglich.

Bei den Kostümen fand sich von prächtiger Fantasie bis zu wenig hübscher Alltagskleidung vieles.

Kurzer Jubel, der Regen wurde immer stärker.

Elena Habermann

 Bühnenführung vor der Premiere „DIE ZAUBERFLÖTE“ von Wolfgang A. Mozart

 Das Festspielbüro lud zur exclusiven Bühnenführung für die Presse. Der Merker folgte der Einladung.

Nach der liebenswürdigen Begrüßung des Pressesprechers wurden wir -die Presse- mit der sehr erfreulichen Mitteilung vertraut gemacht,daß sämtliche Vorstellungen restlos ausverkauft seien. Ein kalkulierter Glücksfall für die Festspiele; 2012 lief der Verkauf nicht so gut.

Über den langen Steg in Form eines Halbkreises betraten wir die Bühne, und wurden sofort über technischen Daten und Fakten informiert.

Piloten: 19 Pfähle aus Fichtenholz und Stahl wurden bis zu 6 Meter Tiefe in den Seeboden gerammt. Sie tragen das Bühnenbil

Karussell-Schiene: 2,5 Meter unter der Wasseroberfläche verläuft kreisföfmig um die Seebühne ein Schienen-Karussell mit 191 Metern Umfang. Fließend gleiten die Szenenbilder vor dem Publikum vorbei.

Lautsprecher: Im Bühnenbild sind 80 Lautsprecher versteckt. 800 Lautsprecher sind im Zuschauerraum unsichtbar montiert.

Drachenhunde: Ohne Fundamente bringen sie 60 Tonnen Gesamtgewicht. Die Hörner des mittleren Hundes sind der höchste Punkt der Bühne, nämlich 27,3 Meter. Jeder Hund hat ein reiches Innenleben, es gibt in jedem mehrere Stockwerke, die von Stuntmännern- oder frauen über Leitern erklommen werden können.

Schildkrötenpanzer: Das Zentrum der Bühne und Zentrum der Technik, Lautsprecher, Lüftungskanäle, Treppen, Aufzüge sind unter dem knallgrünen Panzer untergebracht. Und: in 40 Sekunden kann der Kuppelbau gedreht werden, z.B um Kulissenteile auszutauschen.

Königinnenhub: Ihre Autrittsplattform in Form eines Auges -die 68 m2 groß ist- wird per Hydraulikantrieb drei Meter in die Höhe gefahren, und sie -die Königin- entsteigt der Iris, dies in 9 Meter Höhe.

Gräser: sie sind ein bezauberndes Element am Schildkrötenpanzer. 125 überdimensionale Gräser aus Ballonseide können mithilfe eines schallgedämpfen Lüftungsgerätes aufgeblasen werden.

Hängebrücken: In 17 Meter Höhe sind zwei Hängebrücken mit 19 und 25 Meter Länge die Verbindung zu den Drachenhunden. Die Stege sind für pyrotechnische Kunststücke und Kampfszenen konzipiert.

Hinterbühne: sie ist mit 828 m2 riesengroß, sie ist Raum für Bühnenarbeiten, Lagerflächen und Aufenthaltsräume.

Dies in Kürze zur beeindruckenden Technik, die bei dieser Produktion eine Hauptrolle spielt.

Gedanken , Eindrücke und Interpretationen:

Und mein erster Eindruck auf der Bühne war:

Aus der Nähe, bei Sonnenlicht betrachtet, wirken manche Figuren farblich stumpf, lieblos angestrichen. Ihren ganz eigenen Zauber entwickeln sie erst auf Distanz und im Bühnenlicht.

Gerade jetzt wurden die drei Knaben auf einer Art Rodel angekarrt, ich fand sie kurios anzuschaun. Bei Tageslicht sehen sie aus wie Riesenbonbons mit dünnen Ärmchen und Beinchen, im abendlichen Bühnenlicht wie Außerirdische, die den Menschen zuhilfe kommen.

Und Hilfe haben die Protagonisten im Laufe des Schauspiels bitter nötig.

Die Bühnenarbeiter, alle in Schwarz gekleidet, verschoben gerade die Barke mit der Königin der Nacht und Sarastros. Sie glitt an uns vorbei und verschwand in der Lagerhalle.

Die Kostümbildnerin war Marie-Jeanne Lecca. Sie und Johan Engels, der Bühnenbildner, waren die Zauberer des Brimboriums (Ausspruchvon David Pountny).

Frau Lecca sieht in den drei Damen Amazonen die auf Archäopteryx ähnlichen Vögeln reiten. Sie treten in Rot, Blau und Grün auf , und werden von Puppenspielern computergesteuert dirigiert. Zur Zeit der Führung war die Dame in Blau auf der Bühne, sie funkelte metallisch in der heißen Nachmittagssonne und ließ sich gnädig herumrangieren.

Weit über den See sichtbar, ein Wahrzeichen auf Zeit (zwei Jahre) sind die Drachenhunde von Johan Engels. Er ging vom dreiköpfigen Hund Kerberos, dem Wächter der Unterwelt, aus. Die drei Hunde symbolisieren die drei Tore zu Weisheit, Vernunft und Natur, so Johan Engels. Sie sind ein Teil von Serastros Prüfungen. Von der Seebühne aus betrachtet sehen sie sehr liebenswürdig aus, und verströmen einen gewissen Charme. In der Nähe besehen sind sie einfach haushoch, man muß den Kopf tief in den Nacken beugen, um die Fangzähne zu sehen, die weiß aus dem rotumrandeten Maul ragen. Mit diesen beschützen sie -so die Interpretation des Bühnenbildners- ihre Eigenschaften, also Weisheit, Vernunft und Natur.

.In der asiatischen Mythologie ist die Schildkröte ein göttliches Wesen, das den Baum des Lebens trägt. In der Zauberflöte ist sie Trägerin der von Menschen bewohnten Welt, auf der es den Wald des Lebens gibt, der durch leuchtend grüne Gräser symbolisiert wird, und in dem Papageno seine Vögel fängt. Auch kann man hinter den Gräsern, das größte ist 6,30 m hoch, locker einen Szenenwechsel vornehmen.

Auf der Bühne verstreut lagen ein paar große goldene Hände herum. Die insgesamt acht Hände bedeuten in der Gebärdensprache den Namen Sarastro, und weisen auf das Schweigegelübe hin. Sarastro ist eben immer und überall.

Die Presse war nun informiert, und wurde von der Bühne gebeten. Im Vorbeigehen konnte ich noch einen Blick auf einen der Geharnischten werfen. Er stand wie auf Abruf im vorderen Teil der Hinterbühne. Er war sehr groß, ganze 4,30 m, und sehr rostig. Ich dachte an den Mann von La Mancha.

Ende der Führung.

Charlotte Pohl

 

 

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