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BREGENZ / Abtei Wettingen-Mehrerau: HOI B’SUNDRIG!

So oder so ist das Leben

28.05.2025 | Ausstellungen, KRITIKEN

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BREGENZ / Abtei Wettingen-Mehrerau:
HOI B’SUNDRIG!
GROSSE DINGE – KLEINE DINGE
Vom 14. Juni  2025 bis zum 9. August 2025

So oder so ist das Leben

Wer kein Vorarlberger ist und sich in der Region auch sprachlich nicht auskennt, wird verblüfft und ratlos vor einer Bezeichnung stehen, die sich „Hoi b’sundrig!“ nennt. Mit ein bißchen Hilfe kann man in dem „Hoi“ eine Begrüßung (etwa wie „Hallo“) erkennen, und „bsundrig“ führt dann auch phonetisch zu dem „Besonderen“, das sich Kurator Tobias G. Natter (in Wien durch viele Ausstellungen und seine frühere Tätigkeit als Chef des Leopold Museums bekannt) für die Sommerausstellung der Abtei Wettingen-Mehrerau ausgedacht hat.

Von Renate Wagner

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Durch Jahrhunderte und Themen   Aber es ist eben nicht nur das Besondere, das die 28 Objekte aus sieben Jahrhunderten zeigen, sorglich ausgewählt, um sowohl, wie der Untertitel sagt, „Große Dinge – Kleine Dinge“ in den Mittelpunkt zu rücken und damit Fragen aufzuwerfen. Auf den ersten Blick hat eine kostbare Darstellung von Christus am Kreuz aus dem 15. Jahrhundert nicht das geringste mit einem Tourismusfolder aus dem Jahre 1945 zu tun, der noch „Vorarlberg, Deutsches Reich“ verkündete.

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Oder das Fragment einer Ordensregel des Heiligen Benedikt aus dem 14. Jahrhundert mit dem allerersten Fahrschein der Bregenzerwälderbahn aus dem Jahr 1902. Aber je mehr man sich auf das scheinbar Unzusammenhängende der Objekte einlässt, die teils aus dem Kloster stammen, teils in Privatbesitz gefunden wurden, umso klarer wird, dass genau in der divergierenden Vielfalt nicht nur die Herausforderung, sondern auch die Einsichtigkeit der Ausstellung liegt.

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Töchter und Söhne des Ländle…     Es besteht aus Postkarten ebenso wie aus kostbaren Adelsbriefen, es erinnert an große Söhne und Töchter es Landes, ob an Angelika Kauffmann, von der man ein Schreiben sieht, in dem sie ankündigte,  der Pfarrkirche in Schwarzenberg (wo sie in ihren jungen Jahren gelebt hatte) ein Gemälde schenken zu wollen. Ob an Rudolf Wacker mit einer seiner legendären Bodensee-Ansichten oder an den Schriftsteller und Sozialreformer Franz Michael Felder, den ein Foto auf seinem Totenbett zeigt.

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Dunkle und hellere Zeiten    Es ist keine beschönigende Ausstellung, sie zeigt auch, dass man noch im 19. Jahrhundert durch den Strang hingerichtet hat (in diesem gewählten Fall sogar eine Frau, was seltener vorkam) und dass man nach dem Ersten Weltkrieg dringend die Schweizer Nachbarn um Hilfe bat. Aber die Ausstellung hat auch Sinn für schlichte Freuden wie das Eisessens oder für die originellen Weihnachtskarten, die der Abt von Wettingen-Mehrerau alljährlich verschickt…

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Gustav Klimts Grüße nach Dornbirn   Gelegentlich schimmert natürlich auch durch, dass Tobias G. Natter ein berühmter Fachmann für Wien um 1900 ist, der viele Bücher über Klimt und Schiele veröffentlicht hat. Da weiß er, der gebürtige Vorarlberger (er wurde in Dornbirn geboren), natürlich auch von der Freundschaft Gustav Klimts mit  Julius Rhomberg, dem Gesellschafter und Miteigentümer des gleichnamigen Textilunternehmens. Als Julius Rhomberg am 5. August 1895 in Dornbirn Eugenie Bertolini heiratete, stellte sich Gustav Klimt mit einer eigenhändigen Glückwunschkarte ein, die das Foto des Paares mit zarten Zeichnungen verzierte. Keine Frage, dass dieses kostbare kleine Stück wohl aus dem Privatbesitz der Familie Rhomberg stammt…

So oder so ist das Leben, erzählt die Ausstellung, die zweifellos in jedem Besucher persönliche Reflexionen auslösen wird.

BREGENZ / Abtei Wettingen-Mehrerau:
HOI B’SUNDRIG!
GROSSE DINGE – KLEINE DINGE
Vom 14. Juni 2025 bis zum 9. August 2025
Öffnungszeiten: Dienstag, Freitag und Samstag 9 bis 11 und 14:30 bis 16:30 Uhr

 

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