
Foto: Patrick Pfeiffer
Ulrike Grotes schwäbische Filmkomödie aus dem Jahr 2012 war ein großer Erfolg. Die Eigenheiten der schwäbischen Seele werden darin gekonnt auf die Schippe genommen. In der Regie von Christine Gnann (Bühne und Kostüme: Judith Philipp) kann sich das Geschehen auf der Bühne trotzdem nicht so überzeugend wie im Film entfalten. Zwischen den Nachbardörfern Oberriesligen und Unterrieslingen gibt es Streit, denn hinsichtlich Kirche und Friedhof herrscht Uneinigkeit. Auch an der Beseitigung des Schlaglochs möchte sich keine der beiden Seiten beteiligen. Angesichts der Beerdigung von Oma Anni Häberle wird die Auseinandersetzung immer heftiger. Da nehmen die Turbulenzen auf der Bühne kein Ende. Der Wunsch, lieber „miteinander zu wirtschaften“, als gegeneinander zu kämpfen, löst sich vollends in Luft auf, als ein reicher Amerikaner mit seinem norddeutschen Mittelsmann nach Oberrieslingen kommt, um die dort liegende Kirche für fünf Millionen zu kaufen. Da kann auch das Schweinchen nicht helfen, dass eine „wunderbare Wurscht“ werden soll. Die Kirche soll als Geschenk für die Mutter des Amerikaners in den USA genutzt werden. Unter den jungen Leuten der beiden verfeindeten Dörfer gibt es dann auch noch amouröse Verbindungen, die natürlich nicht geheim bleiben. Für die Unterrieslinger steht jedenfalls fest, dass die Kirche unbedingt im Dorf bleiben soll. Obwohl die Zeichen auf Sturm stehen, kommt es aber letztendlich zu einem witzigen Happy End. Und dies nicht nur für das Oberrieslinger „Schneggle“ Klara (facettenreich: Nina Mohr) und den Unterrieslinger Jungschweinbauern Peter (forsch: Markus Michalik). Man spürt bei diesem Stück in der spritzigen Fassung von Matthias Göttfert, dass es eigentlich aus einem Witz heraus entstanden ist.
Die Romeo- und Julia-Geschichte erinnert dann an Shakespeare. Trockene Witze und Sprüche beleben dabei das Geschehen ungemein, das noch von Musk aus dem Album „D’Liebe“ von Grachmusikoff erheblich angereichert wird („I love you baby, I love you“). Auch die Flucherei und das geradezu lustvolle Schimpfen wird bei dieser Produktion ungeniert und überaus hemmungslos auf die Spitze getrieben. Zuweilen geht dieses Geschehen aber viel zu lärmend über die Bühne. Die herrlich trockene Boshaftigkeit zahlt sich jedenfalls in vielen Szenen trotz mancher Schwächen aus. Neben dem von Reinhold Ohngemach sehr cholerisch dargestellten Gottfried Häberle überzeugt Elif Veyisoglu als seine Tochter Maria. Franziska Theiner stellt bei ihrer Verkörperung der weiteren Tochter Christine Häberle plastisch heraus, dass sie in dieser Familie völlig aus der Art geschlagen ist. Maria hingegen hält sich für eine Dorfdiva, was die Regisseurin Christine Gnann am besten herausarbeitet. Da geht wirklich heftig die Post ab. Die Frage nach der Intention dieser Figuren steht unmittelbar im Raum: Wo wollen sie hin? Was wollen sie erreichen? Was ist ihr Traum? Obwohl sich die Protagonisten streiten, dass es kracht („Abber Vadder, die Kirch ghört ons doch bloß zur Hälfde!“), gerät die Handlung nicht aus den Fugen. In weiteren Rollen gefallen noch Sabine Bräuning als Elisabeth Rossbauer, Felix Jeiter als ihr Sohn Karl und vor allem der herrlich pathetische Peter Kaghanovitch als psalmodierender Pfarrer Schäuble. Frank Ehrhardt als Howard/Rolf und Christian A. Koch als Dieter/Harald komplettieren diesen reichlich exaltierten darstellerischen Reigen. Hinzu kommt noch die fulminante Band mit Oliver Krämer, Rolf Dilger, Rubin, Florian Seeger, Ulrich Röser und Fabian Beck.