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Berlioz: Symphonie Fantastique / Rameau: Suite de Hippolyte et Aricie

11.12.2016 | cd, CD/DVD/BUCH/Apps

Berlioz CD

Hector Berlioz: Symphonie Fantastique/
Jean-Philippe Rameau: Suite de Hippolyte et Aricie

harmonia mundi CD

Das Programm ist an sich gut zusammengestellt, zwei Neuerer der Musikgeschichte geben sich das Stelldichein mit zwei beispielhaften Werken, die an Wendepunkten zur musikalischen Zukunft entstanden sind. Rameaus Suite zur Tragédie lyrique „Hippolyte et Aricie“ enthält wunderbare „neutönende“ Musik, Tanzsätze, Chöre und Airs mit ganz spezifischem Flair, das sich wesentlich von den strengeren Formen etwa eines Lully unterscheidet. Dieses frei sich entwickelnde „unothodoxere“ Phantagasmorieren, das visionäre Erkunden freien „Felds“ verbindet ihn ja auch mit Berlioz, obwohl letzterer die Musik des berühmten Barockkollegen nicht wirklich gut kannte.

Aber ein gutes Programm ergibt noch keine gute CD. Leider wählt der an sich von mir geschätzte Dirigent Daniel Harding mit dem seinen Intentionen wohl willig folgenden Swedish Radio Symphony Orchestra einen Ansatz, der eckig und ungeschmeidig die Musik gnadenlos vorwärtstreibt, und damit auch dem Hörer Freiräume und den Atem nimmt. Vor allem bei Berlioz wirkt die „Originalklang“- Rückbesinnung auf verkürzte Phrasen und knalliges Hervorheben einzelner Themen irritierend und hackt diese wunderbare Symphonie (von der wohl niemand die Finger lassen kann; in meiner Diskothek befinden sich über 20 verschiedene Interpretationen) damit auch in einzelne mehr oder weniger hübsche Happen. Die sind mitunter gut verdaulich, wie etwa im 2. Satz „Un bal“, wo einzelne Sequenzen auch ansatzweise ausschwingen dürfen. Ein rauschendes Fest stellt sich aber auch hier nicht ein. Insgesamt nimmt dieser karge, ja bisweilen „verdorrte“ Klang aber ganz und gar jeglichen Zauber und schweifende Träumerei von dieser Musik, wie in der „Scène aux champs“, die eher langweilt. Da hat der Hörer dann die Wahl zu sagen, Berlioz war ein schlechter Komponist und verstand nichts vom Instrumentieren, oder die Ausdünnung des Klang ist vielleicht nicht das probate Mittel, diesen orchestralen Geniestreich adäquat zu rahmen. Die Streicher des schwedischen Rundfunkorchesters steuern zwar so manches schöne silberne Piano bei und das Holz weiß auch delikat zu singen. Die kühne Harmonik vermag Harding hervorzukehren, allerdings auf verlorenem Posten, weil ohne jegliche sinnliche Komponente auch keine Begeisterung aufkommen mag. Dramatische Wucht und Ausdruckskraft mögen als Programm des vierten und fünften Satzes gelten, die schrillen Töne herrschen aber vor der Entwicklung eines großen Bogens und langsamen Steigerung der Spannung vor, statt Opium geraucht scheint der Komponist hier wohl nur Coca Cola light getrunken zu haben…

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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