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BERLIN/ Waldbühne – gesehen via 3Sat: KONZERT DER BERLINER PHILHARMONIKER/ Wayne Marshall, Martin Grubinger

Konzert der Berliner Philharmoniker auf der Waldbühne via 3sat am 26.6.2021/BERLIN

Feurige Stimmen und explosive Rhythmen

Musik von Leonard Bernstein bildete einen Schwerpunkt beim diesjährigen Konzert auf der legendären Berliner Waldbühne nach der schwierigen Corona-Zeit. Die glänzend disponierten Berliner Philharmoniker unter der inspirierenden Leitung von Wayne Marshall spielten zunächst mit feurigen und explosiven Rhythmen „On the Town: 3 Dance Episodes“ von Leonard Bernstein, wo die thematischen Zusammenhänge hervorragend herausgearbeitet wurden. Es handelt sich dabei um eine originelle Seemannskomödie aus dem Zweiten Weltkrieg mit bissigen Texten von Betty Comden und Adolph Green. Das Werk war Bernsteins erstes Musical. Frei im Tonalen entwickelten sich hier die Motive mit wahrhaft erregender Expressivität. Manche rhythmischen Exzesse erinnerten an die „West Side Story“. Auch die veristischen Momente kamen nicht zu kurz.

Der österreichische Schlagzeuger Martin Grubinger, der als der größte Meister seines Fachs gilt, stand anschließend im Mittelpunkt des ausgezeichneten Arrangements eines mitreissenden Potpourris von John Williams mit dem fulminanten Ensemble „Percussive Planet“. Hier erreichten berühmte Melodien aus „Star Wars“ und „Schindlers Liste“ wahre Siedegrade und ergreifende Berührungspunkte. Martin Grubinger feuerte am Schlagzeug die Staccato-Attacken immer mehr an – und die Berliner Philharmoniker unter Wayne Marshall folgten seinen Intentionen mit spürbarer Emphase und unglaublicher harmonischer Kraftentfaltung. Insbesondere die zahlreichen Motive fügten sich wie ein äusserst raffiniertes Mosaik zusammen. Der Dirigent Wayne Marshall stand auch als Pianist im Mittelpunkt der berühmten „Rhapsody in Blue“ von George Gershwin, wo neben den ausgeprägten Glissando-Bögen der Klarinette vor allem die von John Williams geprägten Improvisationen ganz besonders eindringlich auffielen, die man so noch nie gehört hatte. Hier fesselte dann auch der Einfluss der Lisztschen Rhapsodien, wobei es Wayne Marshall in exzellenter Weise gelang, diese Passagen mit swingenden Rhythmen zu verbinden. Leonard Bernstein schrieb seine bewegende Filmmusik zu „On the Waterfront“ von Elia Kazan, wo insbesondere die ausdrucksstarken Streicherpassagen auffielen. Dynamische Steigerungen folgten dabei in riesigen Bögen. Dieses Drama um den Kampf gegen eine korrupte Gewerkschaft erfuhr unter der Leitung von Wayne Marshall einen großen dynamischen Spannungsbogen, dessen wilde Errregtheit sich zuletzt in harmonischen Konvulsionen entlud. Als Zugabe folgte zunächst die Ouvertüre zu Leonard Bernsteins Musical „Candide“ nach Voltaire. Die Berliner Philharmoniker ließen unter der Leitung von Wayne Marshall daraus eine atemlose Stretta entstehen, deren Themen sich immer ungezügelter entfalteten. So konnte man die turbulenten amourösen Abenteuer des jungen Edelmannes Candide gut nachvollziehen. Zuletzt folgte noch Paul Linckes „Berliner Luft“. Ovationen des Publikums in der recht gut besetzten Waldbühne.

Alexander Walther

 

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