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BERLIN/ Staatsoper: LUCI MIE TRADITRICI von Salvatore Sciarrino. Premiere

11.07.2016 | Allgemein, Oper

Berlin Staatsoper: Sciarrino: Luci mie traditrici.  Premiere am 10.Juli 2016

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Szene mit Katharina Kammerloher (La malaspina)  und Lena Haselmann (L´ospite). Copyright: Staatsoper Berlin/ Mathias und Clärchen Baus

Sciarrino gehört sicher zu den wichtigsten lebenden Komponisten und so ist es nur logisch, wenn sich die Staatsoper Berlin nach Macbeth und Lohengrin nun eines Sciarrino Klassikers annimmt: Luci mie traditrici

JÜRGEN FLIMM führt Regie und veranschaulicht sinnfällig und stilvoll die Handlung dieses eineinhalbstündigen Vier- Personen-Stückes. Es geht um Untreue, Eifersucht und Verrat.

Er, Il Malaspina, wird von seiner Frau betrogen, die sich zu einem „Gast“, l´ospite, hingezogen fühlt und verführt wird. Der Diener belauscht die Affäre und verrät sie dem Hausherrn. Nach einem Versuch, die Frau zurückzugewinnen obsiegt die Eifersucht und er beschliesst, seinen Nebenbuhler und auch seine Frau umzubringen. Ein Salon (Bühnenbild: ANNETTE MURSCHETZ ) ist der Schauplatz der Tragödie, die Kostüme sind in etwa Mitte des 19. Jahrhunderts angesiedelt (BIRGIT WENTSCH), alles klug abgestimmt und mit dem schönen Effekt der Sprengung des Raumes im Finale. Flimm beherrscht die kleinen Gesten, hat Liebe zu Details und verschränkt  meisterlich Alpträume und Wirklichkeit miteinander.

Gesungen wird auf hohem Niveau.

Der Sciarrino- erfahrene OTTO KATZAMEIER als Il Malaspina hat einen in der Tiefe sehr sonor klangvollen Bassbariton, der mit zunehmender Höhe jedoch eindimensionaler und weniger schmeichelnd klingt. Er spielt den Mann von Beginn an als Zerrütteten und nimmt sich so etwas die Fallhöhe zum todbringenden Endspiel hin. Dennoch bietet er eine souveräne Leistung. Seine Frau wird von KATHARINA KAMMERLOHER  mit wohlklingendem, ausgreifendem, den Gestus der großen Oper nicht scheuendem Mezzosopran gesungen. Darstellerisch gelingt ihr besonders der Moment, wo ihre Alpträume real zu werden drohen. Den besten Sciarrino-Duktus findet wahrscheinlich LENA HASELMANN als L´ospite (Liebhaber). Ihr schlanker Mezzosopran mischt sich im Liebesduett ideal mit dem Kammerlohers. Die Rolle des Gastes als Hosenrolle zu besetzen bietet hier mehrere Reize:  szenisch wird eine homoerotische Beziehung dadurch angedeutet und vokal gibt es so Reminiszenzen an große Begegnungen (Oktavian – Marschallin oder Cherubino – Gräfin). Frau Haselmann gibt schillernd und erotisierend einen Zwitter zwischen selbstbewusstem Beau und emanzipierter Amazone. Die Rolle des Dieners liegt in den guten Händen von CHRISTIAN OLDENBURG als „Commedia del arte“ Clown. Stimmlich will er fast zu robust auf sich aufmerken lassen.

Das Staatsorchester in kleinerer Besetzung spielt die von Zerfall des Melos gezeichnete Musik hochkonzentriert und intonationssicher. DAVID ROBERT COLEMAN ist ein umsichtiger Leiter der schwierigen Partitur.

Das Publikum bedankt sich mit warmem Applaus für eine gelungene Gesamtleistung.

Christian Konz

 

 

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