Engelbert Humperdinck: Hänsel und Gretel, Staatsoperunter den Linden Berlin, Besuchte Vorstellung 22.12.2018 (nachmittags)
Ein ganzer Kindergarten
Humperdincks Oper findet sich, wie ein paar andere Werke auch, gehäuft auf den Spielplänen und wird manchmal auch gleich «im Akkord aufgeführt». Trotzdem gibt es dann noch Opernbesucher, so in dieser Vorstellung erlebt, die sich wundern, wieviel Kinder die Vorstellung besuchen… Eine ältere Dame rief ganz entsetzt: «Das ist ja ein ganzer Kindergarten»… Man möchte entgegnen «Die Oper lebt!» und ihre Besorgnis dürfte rausch abgeklungen sein, denn lauter als mit dem sonst üblichen Gehuste war es auch nicht.
Achim Freyer (Inszenierung, Bühnenbild und Kostüme) hat für die Staatsoper unter den Linden ganz offenbar eine Inszenierung geschaffen, die das Zielpublikum anspricht und fesselt. Das Licht (Sebastian Alphons und Achim Freyer) und die Videoprojektionen (Jakob Klaffs und Hugo Reis) unterstützen die moderne Sichtweise und entsprechen durchaus den Sehgewohnheiten der jüngeren Semester.
Die durch einen Trichter verengte Bühne ist von einem Sternenhimmelgekrönt und bietet mit ihrem bis zum Zuschauerraum gezogenen Seiten genug Flächen für die Videoprojektionen, die auf den ersten Blick gar nicht als solche zu erkennen sind. Der Graben ist auf allen Seiten von einem Laufsteg umgeben, so dass Dirigent Christopher Moulds für den Zuschauer gar nicht zu sehen ist. Die Vorstellung beginnt dem entsprechend mit der Einblendung des Dirigenten auf dem Hintergrund der verkleinerten Bühne. Während der Ouverture bevölkern dann die Tiere des Waldes die Bühne. Hänsel und Gretel treten auf: die tragen riesige Masken, die der Ästhetik des jugendlichen Zielpublikums entsprechen dürften, und sind, wohl der besseren Verständlichkeit wegen, auch gleich mit „H“ und „G“ beschriftetet. Freyer erzählt die Geschichte dem Libretto entlang und bietet auch dem Auge immer wieder etwas zu sehen. Ein besonderes Bravo geht an den herrlich hysterischen Papagei.
Foto: Monika Rittershaus
Katrin Wundsam und Evelin Novak haben Hänsel und Gretel mit enormer Textverständlichkeit und Spiellust gegeben. Marina Prudenskaya und Roman Trekel standen ihnen als Gertrud und Peter in Nichts nach. Die Knusperhexe, das Sandmännchen und das Taumännchen waren bei Jürgen Sacher, Antje Bornemeier und Serena SaenzMolinero in besten Händen. Der Kinderchorder Staatsoper unter den Lindenwar von Vinzenz Weissenburger einstudiert und mit sichtbarer Freude am Werk.
Das Spiel der Staatskapelle Berlin unter Leitung von Christopher Moulds war ein besonderer Genuss.
Ein wunderschöner Opern-Nachmittag in erfrischend jugendlicher Umgebung, der das Werk in einer modernen, dem Werk dienlichen Inszenierung ins beste Licht gerückt hat..
Weitere Aufführung: 29.12.2018, 05.01.2019, 06.01.2019 und 12.01.2019
Jan Krobot