Berlin / Phiharmonie: “TCHEO YONG“ – GASTSPIEL DER KOREANISCHEN NATIONALOPER – 11.6.2024
Der Komponist Young-Jo Lee. Foto: Rico Förster
Mit einer Drei-Städte-Reise durch die Hauptstädte Paris, Berlin und Wien gastierte die Koreanische Nationaloper Seoul mit einer semiszenischen Realisierung der Oper „Techeo Yong“ auch in Berlin und stieß auf ein durchaus großes Echo. Der Komponist Young-Jo Lee wurde sogar euphorisch gefeiert.
Die 1986 von der koreanischen Nationaloper in Auftrag gegebene Oper verfügt über eine fast oratorienhafte mystische Harmonie und spätromantische Klänge, welche durch asiatischen Klang, Harmonie und traditionelle koreanische Kompositionstechniken, passend zu eben diesem koreanischen Sujet und dieser traditionellen Sage, zusammengeführt werden und ein 90mininütiges spannendes Klanggemälde entsteht, welches nie aufdringlich wirkt, sondern einfach sehr schön und farbig tönt. Das sehr gut übersetzte Libretto ist für Nicht-Koreaner durchaus inspirierend, sich intensiver mit der koreanischen Geschichte und Kultur zu beschäftigen, zumal man mit vielen Begriffen aus dem koreanischen Alltag (z. B. Shilla) konfrontiert wird, welche einem als Korea-Besucher ständig entgegenfliegen. Wagnerische Leitmotiv-Technik – man nimmt im Programmheft dazu Bezug – hört man beim ersten Hören dann aber eher nicht vordergründig.
Um das alles etwas zu verdeutlichen: Die Handlung erzählt von dem Fall des Silla-Reiches, wo der Gott des Himmels, Ok Hwang Sang Je, beschließt, das korrupte Reich zu vernichten. Doch sein Sohn Tcheo Yong, der dies beobachtet hat, steigt auf die Erde herab, um Silla zu retten. Seine einzige Absicht ist, das Reich zu retten, jedoch verliebt er sich in eine irdische Frau namens Ka Shil und verkommt selbst. Durch die Kritik und Ermutigung eines alten Mönchs bereut Tcheo Yong seine Tat und versucht, das Land zu retten, was leider bereits zu spät ist.
Zu diesem Zeitpunkt erscheint Yeok Sin, ein Verehrer Ka Shils, und sagt, er würde gegen Ka Shil verraten, wie Tcheo Yong das Reich retten kann. Tcheo Yong, der zwischen Silla und Ka Shil hin- und herüberlegt, übergibt Yeok Sin schließlich Ka Shils Zimmerschlüssel. Yeok Sin, der sich als Tcheo Yong verkleidet, stürzt sich auf Ka Shil. Voller Reue rennt Tcheo Yong ihm nach, aber als Ka Shil später von alldem erfährt, nimmt sie sich das Leben. Tcheo Yong, der sowohl sein Land als auch seine Frau verloren hat, stellt sich mit Yeok Sin vor Ok Hwang Sang Je, um streng verurteilt zu werden.
Gesungen und musiziert wurde hervorragend an diesem Abend in der Berliner Philharmonie. Die Titelrolle wurde von Alex Kim mit einem besonders in der Mittellage sehr freien, resonanzreichen Tenor gesungen, welcher sich mit der hervorragenden Akustik der Berliner Philharmonie wunderbar mischte. Ka Shil, den einzigen weiblichen Part, sang Jung nan Yoon mit angenehmer Sopranstimme, welche sich allein durch Kopfresonanzen für Puccini und einige Verdi-Partien empfiehlt. Sie verfügt auch über eine angenehme Divengeste und eine imponierende Ausstrahlung und meisterte die Töne und Ausstrahlung, welche die Rolle fordert, bravourös.
Schlussapplaus. Foto: Rico Förster
Ebenfalls auf ganz hohem sängerischem Nivau war Byung Woo Kong als Yeok Sin, Gott der Krankheiten/der böse Geist, welcher mit einer gewichtigen, gut fundierten Baritonstimme und einer überlegenen und charakterstarken Geste, welche ihn für die Opernbösewichter nahezu empfiehlt. Komplettiert wurde das Quartett der vier Hauptpartien von dem Bass Young Kwon als Ok Hwang Sang Je, der Gott des Himmels, welcher diesen mit pastoser Würde sang und gestaltete.
Auf ganz hohem Niveau war der blitzsauber und klanglich souverän singende Koreanische Nationalchor (Einstudierung und Leiter: In-Gi Min). Die musikalische Gesamtleitung hatte der leider wegen einer Verletzung im Sitzen dirigierende Seok won Hong. Er dirigierte das Koreanische National Symphony Orchester mit sicherer Hand und der geforderten Werkkenntnis und animierte das Orchester zu einem ungemein fesselnden Gesamtklang, bei welchem der Konzertmeister Min-kyun Kim und der Solocellist Jungwoo Choi neben ihren Abendaufgaben im Orchester auch solistisch einen bleibenden Eindruck hinterließen.
Ein fesselnder und inspirierender Abend, welcher, wie schon erwähnt, in diesem Fall vom deutschen Publikum begeistert aklarmiert wurde.
Rico Förster