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BERLIN/ Philharmonie: SONDERKONZERT DOMINGO, VILLAZON, TENA

Berlin: “Sonderkonzert” – Philharmonie, 17. 2. 2015

 Lange Zeit rätselte man über das Programm dieses “Sonderkonzerts” mit der Staatskapelle Berlin in der Philharmonie. Angekündigt wurden Rolando Villazón als Sänger und Plácido Domingo als Dirigent. Irritierenderweise wurde auf Domingos Homepage bis zuletzt “singing” statt “conducting” angegeben.

 Um ein Haar hätte Rolando Villazón abgesagt! Schon am 15. 2. war er als Macduff stark indisponiert angetreten und musste nun erst überredet werden, doch zu singen. Jürgen Flimm (Intendant der Staatsoper Unter den Linden) sagte ihn mit sehr netten Worten an und das Publikum war natürlich glücklich. Es wäre sonst der 3. Versuch eines gemeinsamen Konzerts der beiden Künstler gescheitert. (Man erinnere sich: Das Zarzuelakonzert 2007 in Salzburg fand mit Ana María Martínez statt, 2009 wurde das Konzert in Madrid ganz abgesagt.)

Ich vermute, dass vor allem, um Rolando Villazóns Stimme zu schonen, ein weiterer Gast eingeladen wurde: Lucero Tena, eine Kastagnetten Virtuosin der Sonderklasse!

 Rolando Villazón sang pro Konzerthälfte je zwei Zarzuela-Arien, mit der ihm eigenen Inbrunst und seinem typischen Körpereinsatz, doch mit kleiner Stimme. Von Domingo auf Händen getragen, das Orchester bis zum Minimum zurückgehalten, musste er nicht forcieren und konnte so sein schönes Timbre klingen lassen. Die Piani berücken nach wie vor. Bei Bedarf schmiss er sich auf die hohen Töne, wohl um zu beweisen, dass er sie singen konnte. Das machte natürlich seine Fans glücklich und sie jubelten ihm zu. Waren doch alle froh, dass man so seinen etwas missglückten Macduff von zwei Tagen davor vergessen konnte. Er hatte sich Zarzuela-Zuckerl herausgesucht: Mi aldea (Jacinto Guerrero), Pajarin, tu que vuelas (Pablo Luna), Ya mis horas felices (Reveriano Soutullo/ Juan Vert) und als offiziellen Abschluss Amor, vida de mi vida (Federico Moreno Torroba). Als Zugabe widmete er seinem Idol, Mentor und Freund Plácido Domingo – nach einer kurzen, sehr emotionalen Ansage – noch No puede ser (Pablo Sorozábal). Den letzten Ton hielt er als Gag noch ewig aus, Domingo machte mit und schließlich brach das Publikum in einen Jubelsturm aus. Aber leider wurde gerade bei dieser Zugabe klar, dass zumindest an diesem Abend Villazón nicht über die stimmlichen Mittel verfügte, um auch nur annähernd an sein Vorbild heran zu kommen. Doch daran dachte in diesem Moment wohl niemand, man war einfach froh und glücklich, dass Villazón den Abend mit Erfolg über die Bühne gebracht und nicht abgesagt hatte.

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Foto: Margit Rihl

 Die instrumentalen Stücke machten das Publikum mit der Bandbreite der spanischen (Zarzuela-) Komponisten der zweiten Hälfte des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts bekannt. Ein Querschnitt durch die Werke von Ruperto Chapí, Jacinto Guerrero, Manuel de Falla, Enrique Granados, Pablo Luna, Isaac Albéniz, Thomás Bretón, Reveriano Soutullo/Juan Vert, Gerónimo Giménez und Federico Moreno Torroba. Das Meiste ist in unseren Breiten wenig bekannt. Die Staatskapelle Berlin folgte Domingo, dessen Taktstock zu den vertrackten Rhythmen “tanzte”, mit großer Aufmerksamkeit und versuchte, seine Intentionen bestmöglich umzusetzen und sich in ein “spanisches” Orchester zu verwandeln.

 Wäre man schon mit diesem Programm glücklich nach Hause gegangen, so bot die mexikanische Kastagnetten-Virtuosin Lucero Tena (María de la Luz Tena Álvarez, Jahrgang 1937!) eine unerwartete Meisterklasse in rhythmischer Virtuosität. Was sie – scheinbar zu den jeweiligen Stücken improvisierend – aus ihren Kastagnetten hervorzauberte, war schier unglaublich! Ihr ganzer Körper wurde Musik, sie spielte nicht nur grandios, sie lebte jeden Ton mit jeder Faser ihres zarten Körpers mit! Die Kastagnetten flüsterten, rasten, boten einen Reichtum an Klangfarben, die ich auf diesem Instrument nicht für möglich gehalten hätte. Das Publikum geriet buchstäblich aus dem Häuschen! Domingo gab Handküsse ohne Zahl, auch er zeigte sich voller Begeisterung für diese phänomenale Künstlerin. Sie trat insgesamt – mit Zugabe – vier Mal auf und machte den Abend zu einem wirklich außerordentlichen Erlebnis.

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Lucero Tena. Foto: Margit Rihl

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Foto: Margit Rihl
Zum Schluss tosender Beifall, Blumen und standing ovations für alle, vor allem aber für Lucero Tena!

 Margit Rihl

 

 

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