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BERLIN/ Philharmonie: SOLOMON. Robin Ticciati und das DSO bringen Händels Oratorium „SOLOMON“ in szenischer Einrichtung

Berlin/ Philharmonie: ROBIN TICCIATI und das DSO bringen Händels Oratorium „SOLOMON“ in szenischer Einrichtung, 26.02.2023

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lestyn Davies als Solomon. Foto: Peter Adamik

Nur der Friede und eine dementsprechende Regierung machen die Menschen glücklich und lassen Länder prosperieren. Das ist die geschichtlich fundierte und stets aktuelle Botschaft des Oratoriums „Solomon“ (englische Schreibweise), das Georg Friedrich Händel 1748 in England komponierte, damals schon länger ein englischer Staatsbürger.

Mit dieser musikalischen Gabe feierte er allerdings auch König Georg II, einen gebürtigen Hannoveraner, der gerade einen wichtigen Sieg im Österreichischen Erbfolgekrieg in Dettingen (Baden-Württemberg) errungen hatte.

Doch der echte Salomon, so der deutsche Name, ein Sohn von König David, benötigte keine Siege auf dem Schlachtfeld, um einer der berühmtesten israelitischen Könige (ca. 972–932 v. Chr.) zu werden. Unter seiner weisen Führung erlebte sein Land eine Blütezeit. Außerdem ließ er einen Palast, einige Städte und vor allem den Tempel in Jerusalem errichten.

Robin Ticciati, Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin (DSO), springt sogleich mit jugendlichen Elan auf die Bühne im Großen Saal der Philharmonie und verleiht Händels Dreiakter schon bei der Ouvertüre neues Leben. Mit jeder Bewegung formt er diese facettenreiche Musik, währenddessen auf dem Boden dunkle Tücher ausgebreitet werden.

Dieses Tun sowie die sich öfter ändernde Verteilung der Sängerinnen und Sänger auf der Bühne gehören zur „szenischen Ausrüstung“, erdacht von Andrea Tortosa Baquero.

Mit der Tempelweihe und dem Chor der Priester beginnt das eigentliche Geschehen, und sogleich zieht der Rundfunkchor Berlin, einstudiert von Benjamin Goodson, das erwartungsvolle Publikum in seinen Bann. Auch der Tempeldiener Levit, der Bassbariton Sam Carl, fordert zusammen mit dem Chor tonschön zum Gotteslob auf.

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lestyn Davies als Solomon, Joélle Harvey als seine Gemahlin . Foto: Peter Adamik

Generell gehören die nun tätigen Sängerinnen und Sänger zur international gefragten Spitzenklasse, und die Koloraturen perlen bei allen mühelos. Besonders viel muss der Countertenor lestyn Davies als Salomon leisten. Doch mit ermüdungsfreiem Wohlklang erweist er sich nicht nur als kompetenter Herrscher, sondern ebenso als liebevoller Ehemann beim „Flirt“ mit seiner Gemahlin, auch wenn ihm das nicht anzusehen ist. Zärtlich erwidert Joélle Harvey des Gatten Gefühle mit ihrem glockenreinen Sopran.

In ihrer weiteren, ganz anderen Rolle als Erste Frau muss Joélle Harvey im 2. Akt um ihr Baby fürchten. Zwei offenbar nahe beieinander wohnende Frauen haben ein Kind geboren, doch eines starb. Wurde das lebendige Baby heimlich vertauscht? Salomon soll entscheiden, wem es gehört.

Der weise König ruft nach einem Schwert, um das Kind (angeblich) zu teilen. Diesem fürchterlichen Vorhaben stimmt die Zweite Frau – die Einspringerin Robin Johannsen, Sopran – herzlos zu.

Doch die Erste Frau will ihr Kind retten. „Halt ein“, fleht sie Salomon an. Lieber soll er es der anderen geben, als es zu töten. An dieser Reaktion erkennt der König die wahre Mutter und übergibt ihr das Baby. Auch wenn dieses „Salomonische Urteil“ weitgehend bekannt ist, berühren diese Szenen durch Händels Musik und Harveys innige sängerische Gestaltung.

Später überzeugt Robin Johannsen jedoch als Königin von Saba, die Salomon besucht und sein blühendes Reich bewundert. Beide Rollen singt und spielt sie überzeugend. In nur wenigen Tagen hat sie die zahlreichen anspruchsvollen Arien perfekt erlernt und verdient dafür größtes Lob. Gut gefallen auch die beiden Tenöre Ben Bliss als Zadok und Joo-hoon Shin als Diener.

Schließlich zeigt Händel den Salomon noch als Musik- und Kulturliebhaber, der die Königin von Saba im 3. Akt mit einem musikalischen Maskenspiel überrascht. Zorn, Qualen und danach doch wieder Friede – dieser Inhalt hat Händel nochmals zur klanglichen Prachtentfaltung animiert.

Wie schön, wenn solches tatsächlich wahr würde, denken vermutlich viele im Saal und meinen vielleicht, Robin Ticciati und das DSO hätten mit Händels „Solomon“ für die Beendigung des Krieges in der Ukraine appellieren wollen.

Doch diese Aufführung, so ist zu erfahren, war schon jahrelang geplant. Zeitlos ist jedoch der im Libretto geäußerte Wunsch „Der Name der Bösen soll schnell vergehen, der Ruhm der Gerechten soll ewig bestehen“. Das jubelt der Rundfunkchor zu allerletzt, und ebenso jubelt das Publikum über diese großartige Aufführung.  

Ursula Wiegand

Nachhören lässt sich sie sich unter dem Link: https://www.rbb-online.de/rbbkultur/radio/programm/schema/sendungen/rbbkultur_radiokonzert/archiv/20230226_2000.html.

 

 

 

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