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BERLIN/ Komische Oper: WEST SIDE STORY

30.06.2014 | KRITIKEN, Operette/Musical

BERLIN Komische Oper West Side Story, 29.6.2014

Ein furios virtuoses Orchester als eindringlicher Botschaftsträger, tolle Ensemble- und Tanzszenen und zwei schwache Protagonisten in einer allzu konventionellen Regie ergeben einen biederen Musicalabend an der Spree.

 Ich bin mir nicht ganz sicher, woran es im Detail liegt. Ich fand Bernsteins West Side Story nach Arthur Laurents und Stephen Sondheim in der Version von Barrie Kosky und Otto Pichler nicht aufregend und schon gar nicht schlüssig. Ein kreuzbraver Theaterabend, wo zwei vokal überforderte Hauptdarsteller (Katja Reichert als Maria und Michael Pflumm als Tony) eher eine Teeny-Lovestory erzählen, als ein leidenschaftliches an Shakespeares Romeo und Julia orientiertes Drama in der New Yorker West Side. Die Bühne ist leer, als Requisiten dienen nicht ganz originell Diskokugeln, ein Bett und ein fahrbarer Obststand. Zwei Feuerleitern am linken und rechten Bühnenrand werden vom Personal des Stückes heftig frequentiert.

 Alleine dem fabelhaften Dirigenten Koen Schoots gelingt es, die auch kompositorisch herausragenden symphonischen Teile der Partitur in bester „Sacre du Printemps Manier“ mit dem hervorragenden Orchester der Komischen Oper Berlin so umzusetzen, dass ahnbar wird, warum dieses Musical des 20. Jahrhunderts an der Komischen Oper gespielt wird. Das Sperrige des Abends rührt auch von der Entscheidung, die gesungenen Passagen in englischer Sprache und die gesprochenen Texte in holprigem Deutsch (Fassung von Frank Thannhäuser und Nico Rabenald) aufzuführen. Das lähmt den Handlungs- und Spannungsfluss ganz ordentlich.

 Natürlich ist die Geschichte verfeindeter Banden, von Immigranten in verschiedenen Stadien der Assimilierung ein Dauerbrenner bis heute und ich finde ungemein interessant, was Barrie Kosky im Programmheft im Gespräch über jüdische Wurzeln, antike Tragödien und Momente der Sprachlosigkeit zu sagen hat. Das Konzept der Inszenierung geht vor allem dann auf, wenn die Jets und die Sharks aufeinandertreffen. Da gibt es Körper, die uns in ihrer Virtuosität die Brüchigkeit der Welt samt allen Ideologien zeigen, wird die Bühne lebendig im spielerischem Überschwang und kollektiver Stimme. Abseits davon blieben die Figuren schablonenhaft und vieles in sympathischem Bemühen stecken. Was solls. Die Komische Oper hat mit den Soldaten kürzlich ein weiteres Juwel seinem reichen Repertoire hinzugefügt. Damit bleibt die Komische Oper nach wie vor das spannendste Musiktheater in Berlin.

 Ingobert Waltenberger

 

 

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