Berlin/ Deutsche Oper, Tischlerei: „OH, WIE SCHÖN IST PANAMA“, Uraufführung, 26.01.2013
Mit dem Wechsel der Intendanz hat sich die Deutsche Oper Berlin mit der nicht mehr benötigten und aufwändig umgebauten Tischlerei eine weitere Spielstätte zugelegt, die für Experimentelles und Kinderopern genutzt wird. Sogar Babykonzerte finden dort statt.
Die zahllosen Kids, die bei „Oh, wie schön ist Panama“ den Raum füllen, herumwieseln oder auf Kissen direkt an der Bühne sitzen, sind schon etwas älter. Für sie gibt es Musiktheater nach dem bekannten Bilderbuch von Janosch, das Dorothea Hartmann textmäßig bearbeitet hat.
Die Musik stammt von der chinesische Komponistin Lin Wang (*1976), klingt manchmal zeitgenössisch schrill, hat aber auch gut singbare Passagen. Dargeboten wird sie vom Zafraan Ensemble, das hier als Tiger-Ente, die Begleiterin der beiden Hauptdarsteller, fungiert. Konzentriert widmet sich Dirigent Kevin McCutcheon der ungewohnten Partitur.
Die Musiker mit Schlagwerk, Cello, Flöte, Saxophon, Klarinette, Klavier und Gitarre haben offensichtlich Freude an diesem Tun. Noch mehr an animierender Begeisterung strahlen auf der kalkuliert übersichtlichen Bühne (Flurin Borg-Madsen) die Darsteller aus.
Das sind Jörg Schörner als gut genährter Tiger mit „Detlef-Attitüde“ und Martin Gerke als ungewöhnlich hagerer und beweglicher Bär. Figürlich also vertauschte Rollen, was aber dem Spaß keinen Abbruch tut.
Beide sind gute Freunde, umarmen sich immer wieder, und stellen mehrfach glücklich fest: „Ach ja, uns geht es gut.“ Eigentlich würden sie immer so sitzen bleiben und ein bisschen herumhantieren, gäbe es nicht plötzlich eine stark nach Bananen duftende Holzkiste mit der Aufschrift PANAMA. Haben die eigentlich noch immer solch einen intensiven Duft?
Muss wohl vor Jahren so gewesen sein, denn gleich machen sich Tiger und Bär auf den Weg nach Panama, ins „Land ihrer Träume“. In der patenten Regie von Daniel Pfluger und der Dramaturgie von Katharina Mohr wird die Begegnung mit anderen Tieren zur witzig-turbulenten Angelegenheit. Reizvoll sind auch die lustigen, bunten Kostüme (Janine Werthmann).
Zunächst treffen Tiger und Bär auf zwei herumwuselnde Mäuse (Bini Lee und Rachel Hauge), die mit ihren Löchern höchst zufrieden sind und keineswegs nach Panama wollen. Dann läuft ihnen der raffinierte Fuchs (toll: Tobias Kehrer) mit einer gerade getöteten Gans über den Weg. Das ist wiederum Bini Lee, der einfach zwei Kissen umgebunden werden, aus denen die Federn stieben.
Denn bis auf Tiger und Bär haben die übrigen Sänger-Schauspieler mehrere Neben- und Sprecherrollen und schalten sofort gekonnt um. So gibt Rachel Hauge auch die traurige Kuh, die immer davon geträumt hat, eine Milchbar zu eröffnen. Sie singt das sehr gut, wird ja auch schon in „richtigen“ Opern eingesetzt.
Allein mit Gesten, also leeren Händen, verteilt sie Eis und Joghurt an die Kinder, die ganz selbstverständlich nach den angeblichen Leckereien greifen. Die Kleinen haben ja Fantasie. Wirkten einige zwischendurch etwas müde, so werden jetzt alle wieder munter. Kinder zu bespaßen, ist auf Dauer gar nicht einfach!
So ist es auch eine gute Idee, das Gerüst für die schwarze Krähe neben der obersten Sitzreihe aufzustellen. Neugierig eilen viele Kids nach oben. Das tun auch Tiger und Bär und entdecken von hoher Warte das ersehnte Panama. Das ist aber nichts anderes als ihre frühere, inzwischen leicht verwilderte Heimat. Sie sind im Kreis gelaufen und werden in ihrer früheren Umgebung erneut glücklich. Der erhobene Zeigefinger des Autors – „Zu Hause ist es doch am schönsten“ – versteckt sich im gut gelaunten Durcheinander.
Das neue/alte Zuhause wird schließlich mit einer Party gefeiert, und die Musiker spielen auf der Bühne zum Tanz auf. Ein Konfettiregen fehlt auch nicht. Diese Party finden die Kinder am allerschönsten und klatschen zusammen mit ihren Eltern begeistert Beifall.
Weitere Termine 28. und 30.01., 2., 7. und 8.2. jeweils um 11 Uhr, also mehr für Kindergärten und Schulklassen geeignet als für berufstätige Eltern.
Ursula Wiegand