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BERLIN/ Deutsche Oper: TOSCA mit Anja Harteros

16.01.2015 | Allgemein, Oper

Berlin/ Deutsche Oper: „TOSCA“ mit Anja Harteros, 15.01.2015

 

Anja Harteros als Tosca, Foto Bettina Stoess
Anja Harteros. Foto: Bettina Stoess

Endlich ist sie da, die heiß Geliebte und mehrfach Vermisste – Anja Harteros! Im Februar 2013 war sie als Tosca in der Deutschen Oper Berlin zu Gast und sang auf allerhöchstem Niveau. An den jetzigen Abend, so scheint es, setzt sie ihre unvergleichlich klare und ausdrucksfähige Stimme noch vollendeter, noch farbenreicher ein. Jeder Ton und jede  Phrasierung ein Aufmerksamkeit erheischender Genuss.

Schon wenn sie herbeieilend, aber noch nicht sichtbar, Mario, Mario, Mario ruft, offenbart ihr Sopran seinen Zauber. Aus ihrer Stimme lässt sich im Laufe des Geschehens alles heraushören: Tändelei, Eifersucht, echte Liebe, Angst, Verzweiflung, Trotz, Tapferkeit und schließlich der Triumph über Scarpia.
Anja Harteros „Vissi d’arte, vissi d’amore“ vor der ihr abgepressten Beinahe-Hingabe setzt Maßstäbe. Dass sie all’ die Erlebnisse, die in kurzer Zeit auf sie einstürmen, auch glaub- und lebhaft darstellen kann, kommt als Positivum hinzu. Im 2. Akt geht sie dem Scarpia, der ihren Mario foltern lässt, wütend an die Gurgel.
Wenn dieser Scarpia – Ivan Inverardi wie vor 2 Jahren wenigstens einige Funken von ihrem Temperament besäße, wäre er womöglich auf dem Weg zum passenden Gegner, den Frau Harteros eigentlich verdient. Erneut ist er jedoch eher ein Buchhalter des Bösen und kein dämonischer Lüstling.
Sein Bariton ist zwar gut geführt, klingt aber nie Furcht erregend und besitzt auch nicht die nötige Durchschlagkraft. Bei seinem ersten Auftritt in der Kirche – auf der Suche nach dem geflohenen Angelotti (gut: Noel Bouley) – sollte seine Stimme dem düsteren Glockenklang zumindest Paroli bieten, selbst wenn Donald Runnicles das Orchester der Deutschen Oper Berlin beim Te Deum aufrauschen lässt. Dass dieser Scarpia Toscas wegen Gott vergisst, bleibt eine Behauptung, und sein „Va, Tosca!“ lässt keinen finsteren Triumph hören.
Daher läuft bei dieser anfänglichen Schlüsselszene dem Publikum sicherlich kein Schauer über den Rücken, vermutlich auch nicht im 2. Akt. Inverardis Freude an der Quälerei kommt zwar mimisch mitunter zum Ausdruck, stimmlich weniger, und sein rücksichtsloses Begehren schon gar nicht. Das Publikum applaudiert ihm dennoch herzlich. Na, ja.
Mit Marcelo Álvarez als Mario Cavaradossi ist Anja Harteros weit besser dran. Nach leicht angerautem Beginn erweist sich der gebürtige Argentinier alsbald als Belcanto-Sänger. Noch jung an Jahren schaffte er 1998 den Sprung an die Met und ist seither an vielen wichtigen Bühnen der Welt zu Gast.
Hier schafft er es, im 3. Akt alle Herzen und Ohren zu gewinnen. Den Hit „E lucevan le stelle…“ trompetet er keineswegs hinaus. Seine Verzweiflung äußerst er lieber in nachdenklichem Duktus mit sehr schönen und perfekt variierten Piani.
Und wie rührend klingt sein liebevolles Erstaunen über die Tatsache, dass Toscas zarte Hände für ihn getötet haben. Beide zeigen sich als ein überzeugendes, durch schreckliche Erfahrungen gereiftes Liebespaar. Nach einigem Zwischenapplaus schlagen im Schlussapplaus die Wogen der Begeisterung hoch. Anja Harteros erntet darüber hinaus und hoch verdient stehende Ovationen.
Klatschend anerkannt wurden auch die Leistungen von Seth Carico als wieselflinker Messner, von Álvaro Zambrano als angstgeduckter Spoletta, von Andrew Harris als Sciarrone und von Tobias Kehrer als Schließer. Jubel erntete insbesondere Donald Runnicles mit den Seinen. Lob verdienten sich auch die Chöre unter Thomas Richter und die Kinderchöre, einstudiert von Christian Lindhorst.
 
Das alles geschah und geschieht in der Inszenierung von Boleslaw Barlog von 1969, von Götz Friedrich 1987 neu einstudiert und in den historische inspirierten Kostümen von Filippo Sanjust. Nein,  es muss nicht alles auf Biegen und Brechen modernisiert werden, wenn der alte Anzug der Oper und ihren Darstellern noch gut steht und in diesem Fall sogar einen historischen Hintergrund besitzt.            
 
Ursula Wiegand
Weitere Termine: am 18.Jan. in derselben, am 21. und 25. März in anderer Besetzung.
 

 

 

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