Kurzbericht von der Premiere des „Lohengrin“ an der Deutschen Oper Berlin am 15.4.2012
Klaus Florian Vogt, Ricarda Merbeth. Foto: Markus Lieberenz im Augtrag der Deutschen Oper Berlin
Der Däne Kasper Holten, u.a. durch eine weitgehend überzeugende und dramaturgisch durchdachte „Ring“-Produktion in Kopenhagen hervorgetreten, inszeniert an der DOB Wagners „Lohengrin“ als finster beginnendes und ebenso endendes Drama der sich in der Geschichte scheinbar endlos wiederholenden Lust am Krieg als Ritual mit dem ebenso regelmäßig folgenden Tod und Leid. Das beginnt zunächst bildintensiv mit einem Schlachtfeld gefallender Soldaten schon während der Ouvertüre, die Holten als ein Requiem, wie eine Mitleidsmusik für die Gefallenen deutet. In die triste graue Kriegsästhetik bricht der schneeweiß gefiederte Lohengrin wie in einer „Licht ins Dunkel“-Aktion ein. Das wirkt alles recht eindrucksvoll, wenn auch nicht ganz neu.
Schnell stellt sich aber heraus, dass der Schwanenritter der neue Politiker ist, der sich mit den medialen Gesten und bildmächtigen Wirkungen heutiger Polit-Medien-„Künstler“ als Alternative eines leidgeprüften und ausgemergelten, nach neuer Bestimmung lechzenden Volkes präsentiert, aber schnell selbst manipulativ tätig wird. Die Massen lassen sich unter der Wirkung eines auch hier religiöses Heil suggerierenden Kreuzes nach Belieben beeindrucken. Im Prinzip eine interessante Konzeption, die jedoch in den Bühnenbildern und Kostümen von Steffen Aarfing im 2. Akt schnell ihre Stringenz und Schlüssigkeit verliert. Da kommt zeitweise mit allzu stereotypem Theatergestus Langeweile auf. Man konnte gar meinen, der Mittelakt sei als Parodie gemeint, so unfokussiert zeigte sich hier das dramaturgische Konzept von Miriam Konert. Im 3. Akt findet die Auseinandersetzung zwischen Lohengrin und Elsa, die als einzige dessen Absichten erkennt, wie weiland bei Barry Kosky in Wien einfallslos vor einem roten Vorhang statt. Der kleine Gottfried wird von Elsa als verstümmelte Leiche herein getragen, Lohengrin erhebt bedrohlich die Hand zum Machtanspruch und will wohl bleiben… Ein zwiespältiger Abend, für den das Regieteam neben dem Applaus signifikante Buhrufe einstecken musste.
Klaus Florian Vogt singt mit seinem Tamino-timbrierten Tenor einen ätherisch schön klingenden Lohengrin und überzeugt mit darstellerischer Souveränität. Das ist die Wagner-Rolle, die ihm liegt. Petra Lang ist eine finster manipulative Ortud, die mit kraftvoller Attacke ihres ausdrucksstarken Mezzo beeindruckt. Ricarda Merbeth singt tadellos mit ihrem klaren Sopran, obwohl sie ihre besten Momente erst im Schlussakt erreicht. Sie bleibt schauspielerisch etwas ausdruckslos. Gordon Hawkins ist ein zu undifferenziert singender und brav wirkender Telramund. Albert Dohmen gibt einen edlen König Heinrich, dessen Bassbariton an Flexibilität eingebüsst hat. Bastiaan Everink ist ein junger und stimmstarker, aber noch nicht klangvoller Heerrufer.
Der von William Spaulding einstudierte Chor war neben Vogt der Star des Abends. Seine kraftvollen Stimmen und glänzende Transparenz ließen die schwache Choreografie etwas vergessen. Donald Runnicles fand mit den Orchester der Deutschen Oper Berlin zu einem zeitweise betörenden Wagner-Klang, ließ es im Mittelakt aber manchmal zu laut angehen.
(Ausführlicher Bericht folgt; Fotos in der Bildergalerie).
Klaus Billand