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BERLIN/ Deutsche Oper: HAMLET von Ambroise Thomas. Konzertante Vorstellung

«Welch düsteres Feuer leuchtet in seinen Augen»

30.06.2019 | Allgemein, Oper

Ambroise Thomas: Hamlet, Deutsche Oper Berlin, Konzertante Vorstellung: 29.06.2019

 (3. Vorstellung seit der Konzertanten Premiere am 24.06.2019)

«Welch düsteres Feuer leuchtet in seinen Augen»

Konzertanten Opernaufführungen fehlt einerseits das Szenische als die Gattung konstituierendes Element, anderseits ermöglichen sie eine grössere Konzentration auf die Musik (und Beobachtungen im Orchester), was die Aufführenden besonders fordert. Gerade Raritäten, wie dies Thomas «Hamlet» heute im deutschen Sprachraum ist, kann dies zum Vorteil gereichen. Oder aber auch den Status als Rarität bestätigen.

Das Orchester der Deutschen Oper Berlin, insbesondere die Bläser, hatte den perfekten Abend und brachte den instrumentalen Reichtum der Partitur aufs Beste zur Geltung. Seien es Pianissimo, Fortissimo, oder solistische Passagen wie die von Alt-Sax oder Ventilposaune, es hätte besser kaum sein können. Kaum, denn Dirigent Yves Abel scheint Fan des Blechs zu sein, so dass die blechlastigen Passagen besonders knallig gerieten. Über den ganzen Abend hinweg kam es so zu einem Lautenstärkenungleichgewicht: Waren manche Pianissimi an der Grenze des Hörbaren, liess manches Fortissimo an Wagners Walkürenritt erinnern.

Der Chor der Deutschen Oper Berlin, einstudiert von Jeremy Bines, trat in grosser Besetzung klangmächtig auf. Die Textverständlichkeit allerdings schien schon in die Ferien abgereist.

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Florian Sempey. Copyright: Bettina Stöss

Held des Abends war ganz klar der Bariton Florian Sempey als Hamlet, Prinz von Dänemark. Optisch der wiederauferstandene Cristo morto Mantegnas, meisterte er die gleichermassen anspruchsvolle wie lange Partie absolut hervorragend. Mit nie versiegender, aber immer wohldosierter Kraft gelang es ihm, alle Facetten der Figur mit der Stimme sichtbar zu machen.


Diana Damrau. Copyright: Bettina Stöss

Optisch war Diana Damrau kaum je die Femme fragile, stimmlich ist sie es nicht mehr, was aber ihrer Gestaltung der Ophélie keinesfalls zum Nachteil geriet. Mit dem Selbstbewusstsein der Frau von heute und der von ihr gewohnten stupenden Technik und intensiven Rolleninterpretation war sie die perfekte Ophélie.

Mit dunklem Barioton gab Nicolas Testé den Claudiius, den Königsmörder, der am Schluss durch die Hand Hamlets stirbt. Eve-Maud Hubeaux verkörperte mit einem grossartigen Mezzo Hamlets Mutter Gertrude, die der Geist des toten Königs (mit noblem Bass Andrew Harris) jeweils zu schonen verlangt. Mit einem kräftigen, schönen hellen Tenor sang Philippe Talbot Ophélies Bruder Laerte und Andrew Dickinson und Thomas Lehman gaben Hamlets Freunde Marcellus und Horatio. Byung Gil Kim (Polonius), Philipp Jekal (Erster Totengräber) und Ya-Chung Huang (Zweiter Totengräber) ergänzten das formidable Ensemble.

Gesungen wurde eine nicht weiter definierte Mischfassung: Die Fassung der Pariser Uraufführung mit dem tragischen Ende (Hamlet geht mit Ophelie in den Tod) der Fassung der Londoner Erstaufführung.

Ein grosser, grossartiger Opernabend.

Keine weiteren Aufführungen.

30.06.2019, Jan Krobot/Zürich

 

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