BEL CANTO
150 Jahre Wiener Staatsoper,
Dominique Meyer, Lois Lammerhuber,
Clemens Höslinger, Andreas Láng, Oliver Láng, Erich Seitter,
Michael Pöhn, Axel Zeininger
242 Seiten, Edition Lammerhuber, 2019
An dieser Ballspende hatten die am Opernball beschenkten Herren schwer zu tragen, aber Operfreunde werden sich dieser Mühe mit Entzücken unterzogen haben. Unter dem Titel „BEL CANTO“ widmet sich die Edition Lammerhuber, treuester Buchbegleiter der Wiener Staatsoper mit vielen repräsentativen Großbänden zu den mannigfaltigsten Themen, dem reizvollsten von allen: den Sängern. Denn so wichtig und interessant das Drumherum ist – wenn der Vorhang aufgeht, geht es in erster Linie um sie. Um den „Primo Uomo“ und die „Primadonna“. Domingo prangt selbstverständlich am Titelblatt, niemand repräsentiert seit Jahrzehnten „große Oper“ wie er. Pavarotti ist dann der Nächste – zurecht.
Eigens fotografiert wurden die Stars von heute – und nun marschieren sie auf: Jonas Kaufmann, der am Dach der Staatsoper vor Entzücken „hüpft“, Anna Netrebko, wie sie im Treppenhaus dämonisch unter einem schwarzen Hut hervorblickt, besonders drollig Elina Garanca mit Lockenwicklern – die Stars waren wirklich bereit, hier mitzumachen. Kirchschlager, Florez, Nylund, Pape (im Lotussitz auf einem runden Pausentischchen!), DiDonato, Hampson, Maestri, Konieczny, Koch, Beczala. Pieczonka (in der gefährlichen „Holländer“-Dekoration kriechend), Furlanetto, Gruberova, Keenlyside, Stoyanova, Schade (auf einer Spiegel-Balustrade balancierend!), Kulman (in Rot, mit Hüftschwung – wie alt mag das sein, da sie doch der Oper adieu gesagt hat?), Alagna, was will man mehr? Diese Stars haben tatsächlich für dieses Buch ihre Posen gesucht und gefunden…
Rollenfotos gibt es von Vogt, Grundheber, Bezsmertna, Rydl, Terfel, Struckmann, Park, Fleming, Tezier, Dessay, Garifullina, Villazon, Voigt. Skovhus, Moser, Kühmeier, Nucci, Herlitzius, Polaski, Gould, Sramek, Baltsa, Schager, Hvorostovsky, Botha, Stemme, Seifert, Shicoff, Weikl, Taddei, Bruson, Fassbaender, Ramey, Mara Zampieri, Ricciarelli, Salminen, Kollo, Janowitz, Wunderlich, Ruggero Raimondi, Aragall. Das ist eine Vergangenheit, die man miterlebt hat – und die an die große Arbeit erinnert, die Fotograf Axel Zeininger geleistet hat, die heute Michael Pöhn fortsetzt.
Und dann – es geht ja um die lange, lange große Tradition des Hauses – die klassischen, wunderbaren Star-Porträts, die meisten wohl von Fayer, immer tiefer in die Vergangenheit zurück gehend – Bumbry, Tebaldi als Tosca, Schock, Güden, Waechter, Della Casa, Bergonzi, Behrens, Caballé und Carreras, Zednik (der wohl in die „lebendigere“ Sektion gehört hätte), Nilsson, Ridderbusch, Jones, Dermota, Schwarzkopf, Rysanek, Prey, Talvela, Beirer, Cotrubas, Bonisoll, Popp, Gobbi, Silja, Bastianini, di Stefano, Hilde Konetzni, Berry, Höngen, Corelli, Scutti, Gedda, Ghiaurov, Edelmann, Ludwig (mit einem Jugendbild!), Hotter, Jurinac, Freni, Cappuccilli, Siepi, del Monaco, Price, Vickers, Zadek, Kmentt und Seefried, Cebotari, Wiener, Hopf, Lipp, Björling, Thomas, Panerai, Moll, Mödl, Svanholm, London, Welitsch, Windgassen, King, Anny Konetzni, Gigli, Kiepura, Jeritza, Patzak, Kipnis, Bahr-Mildenburg, Rosvaenge, Mayr, Slezak, Tauber, Gutheil-Schoder, Schöffler, Kurz, Weidmann, Ursuleac, Piccaver, Lehmann, Schmedes, Schumann, Lorenz, Reining, ganz am Ende noch Caruso, und am Frontispiz lässt Anja Harteros die Haare wehen, auf der Rückseite meint man Waltraud Meier zu erkennen – ein Ordnungs- oder Reihungsprinzip ist nicht auszumachen, aber man freut sich über jeden einzelnen Künstler (und will die Vergessenen – Kunz? Holecek? – nicht beckmesserisch reklamieren).
Natürlich werden echte Leser in dem Buch nicht nur blätternd „Bilder schauen“, obwohl man schon dann reich belohnt ist. Es gibt auch eine Anzahl von (allerdings ärgerlich klein und hell gedruckten) Artikeln, wo sich beispielsweise der Direktor über die Sängerelite wie auch über das Ensemble des Hauses äußert, und das alles in drei Sprachen (die Artikel hintereinander auf Deutsch, Englisch, Französisch).
Dass es in dem Buch viel Werbung gibt, wen stört es – anders wäre so etwas nicht zu finanzieren. Seien wir froh, dass man sich hierzulande Oper – und Bücher über Oper – noch leistet. Noch dazu in so spektakulärer Form.
Renate Wagner