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BAYREUTH: TRISTAN UND ISOLDE

08.08.2012 | KRITIKEN, Oper

Bayreuth: TRISTAN UND ISOLDE am 7.8.2012

Diese letzmalig bei den Festspielen gegebene Inszenierung vom Team Peter Schneider (Dir.), Christoph Marthaler (Regie), Anna-Sophie Mahler (Szen.Leitg. der Wiederaufnahme) und Anna Viebrock (Bb.und Kostüme) hinterlässt insgesamt einen starken Eindruck, da sich bei wenig inhaltlicher Verfremdung eine Transponierung des Stoffes in die Moderne mit psychologischen Anklängen ergibt. Wesentlich erscheinen hierfür dabei die Großtopoi der modernen Regie wie Einheitsbühne für die drei Akte und das immer noch beliebte Stühle umwerfen, hier seitens Isolde auf dem angenommenen Schiffsdeck, das bei der „Nacht der Liebe“ gleichzeitig ein mondäner, aber auch klaustrophob anmutender Designer-Raum ist. Was bei der Musik im 1.Akt besonders auffällt ist, dass wohl auch duch die Orchester-Deckelung verursacht, eine fast elektronisch künstliche Atmosphäre erzeugt werden kann. Die unzähligen dramatischen Zuspitzungen mit einer von Gefühlsaufwallungen hin- und hergeworfenen Protagonistin, die nur den Ausweg im Tod zusammen mit dem unbewusst Geliebten sieht, kulminieren immer wieder in die plakativen Herrschaftsgesänge der Matrosen (Herrenchor aus dem Off) für König Marke.

Im 2.Akt scheint Isolde zuerst ganz kindisch retardiert. Es scheint, dass die Regie in dieser Phase wie auch am Anfang in den stoischen Armbewegungen der Männer, etwas aufsetzen möchte, das aber nicht zielführend erscheint. Im 3. Akt wirkt Robert Dean Smith fast wie ein junger Pavarotti in seinem Krankenbett, aus dem er sich erhebt und an ein Handgeländer gestützt seine extremen Ausbrüche entwickelt. Natürlich geht ihm dabei das gesättigte Edeltrimbre ab, aber mit seinen eigenen lyrischen Mitteln versteht er es doch, auch die Schauermomente seines Lebens und seiner Psyche mit dem Orchester zusammen auszuloten. Spätestens hier muss dem Festspielorchester ein atemberaubend präzises Spiel bescheinigt werden, das ihm zweifellos von Maestro Peter Schneider in immer besser wirkenden Dosen induziert wird.

Die mit großem Gespür für die Sensbiltät der Personen und ebensolchem Gusto ausgesuchten Kostüme sind alle dem schottisch-irischem Raum nachempfunden.

Clemens Bieber hat nach dem etwas zurückhaltenden Vorspiel mit prägnanten agogischen Akzenten und stimmschönem Tenor den 1.Akt eröffnet. Den Steuermann singt der Baß Martin Snell, während der Hirt durch die kurz aufblühenden Einwürfe Arnold Bezuyens charakterisiert ist. Einen larmoyant düsteren Melot singt Ralf Lukas in grüner Jägermontur. Der Kurwenal des Jukka Rasilainen ist im Gegensatz zu seinenm granitenen Bariton mit dem er wahrlich auftrumpft, im 3.Akt aber regielich auf schwer absteigendem Ast körperlich gezeichnet (Schlaganfall?). Der Marke Kwangchul Youn bleibt dagegen bei super potentem Baß spielerisch etwas blaß. Die Brangäne Michelle Breedt wirkt sehr gouvernantenhaft in ihrer Rolle, in den psychologisch interpretierten Teilen könnte sie aber auch als das Alter ego der Isolde durchgehen.Gesanglich im 1.Akt noch nicht eigen profiliert, flößt sie den Wachgesängen Ruhe ein und kann am Ende ihrem Mezzo? auch Süße und Volumen beimischen.

Iréne Theorin schlägt heute alle um Längen. Ihr in der tieferen Lage schön guttural ausgehörter Sopran generiert in der Emhase träumerisch gurrende Laute. Die aufblitzende Höhe ist markant, und ihre dramatische Linie ist einfach hinreißend voluminös. Im Abgesang des Liebesduetts mit Dean Smith verbleibt sie z.B. auch hoch profiliert, obwohl ihr da eher die Rolle der ‚Wiederholerin‘ des bereits von Tristan Gesagten verbleibt. Am Ende legt sie sich ins Krankenbett Tristans uns zieht sich das Leintuch im Liebestod über.

Friedeon Rosén

 

 

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