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BAYREUTH: TANNHÄUSER

13.08.2014 | KRITIKEN, Oper

Bayreuth: TANNHÄUSER am 12.8.2014

Die Inszenierung von Sebastian Baumgarten spiegelt den ‚Tannhäuser‘ in seiner ganzen Heterogenität wieder, setzt aber mit seinen extremen Eigentümlichhkeiten  wie einem zentral postierten „Alkoholator“-Tank, sowie seitlich rechts einer Biogasanlage samt -wäsche, nochmals besonders auf die schon vorhandenen „Fliehkräfte“ des Werks, während Wagners Bestreben ja immer war, diese zu vereinen, indem er die Erzählstränge des Sängerkriegs auf Wartburg mit dem Erlösungsweg des Tannhäusers immer weiter zu verflechten und zu verklaren suchte.

Das hölzerne 4stöckige Bühnengerüst Joep van Lieshouts wirkt wie ein Riesen-Ikea-Möbel  und die darin aufgestellten Tonnen und Geräte wie eine moderne Fabrikhalle. Mittig hängt von oben herab eine barbusige nacktfüßige bunte Marienprojektion, die in permanter leichter Bewegung nahe an Kitsch grenzt. Als einzig wirklich starke Szene erscheint der Venusberg, ein herauffahrender runder Käfig, der diesmal einwandfrei funktionierte. Darinnen reiben sich in gewisser Enge Tannhäuser und Venus mit StatistInnen, später entweichen die legendären Kaulquappen, die Venus zu Diensten stehen und sich grazil zur Musik bewegen. Baumgarten hat in der Regie aber kaum etwas verändert, und so nimmt das Stück seinen weiteren teils kruden Verlauf mit einer Jagdgesellschaft mit schwarz geschminkten Gesichtern und Indianerponchos,  mit Sängern in Mönchsgewändern, „echten“ gestauchten Pilgern, Gästen in Jogging-Anzügen, Landgraf in Goldbrokat-Brustpanzer, Elisabeth und Venus in Designer-Kostümen (Nina von Mechow). Baumgarten hat allen auch eine gewisse Mimik und Zeige-Gestik verordnet, die im Zusammenhang mit den vielen (plakativen) Sprüchen und Wagnerzitaten, sowie ‚Gesundheitsvideos‘, zu deuten ist.

Der z.T. reduziert wirkende Orchesterklang eignet sich nicht  unbedingt für ‚Tannhäuser‘, eine dezidiert romantische Oper. Daneben hat Tannhäuser ja viele Kleinstensembles und solistische Stellen aller Holzbläser, die gediegen schön ausmusiziert werden. Aber in der Gesamtanlage zerfällt das Werk etwas  unter Leitung von Axel Kober  mit einer überlangen Ouvertüre, und wirkt dann episodenhaft. Wobei die Episoden in sich z.T. sehr stringent erklingen wie das Ensemble Finale 1.Akt, Chorfinale 2.Akt „Nach Rom“ sowie die schön gewirkten und gespielten Arien und Erzählungen im Schlußakt.

Katja Stuber singt ihren Hirten mit brillant keckem Sopran und akkurater Phrasierung. Danach ist sie weiter im szenischen Einsatz, küsst mal Elisabeth und wird, ein gelb-blauer Student, vom Landgraf umgarnt. Die Chöre unter Leitung von Eberhard Friedrich machen einen guten Job, besonders beim dramatisch fugierten Chor im ‚Sängerkrieg‘. Die Chor-Damen tun sich dagegen bei der ‚Erlösungsszene‘ hervor, wo alle rot ausgeleuchtet, Tannhäuser in der „mittleren Ebene“ auf dem Käfig auf dem Weg zum Himmel verabschieden. Die Sänger sind mit Rainer Zaun/Reinmar, Stefan Heibach/Heinrich der Schreiber, Thomas Jesatko/Biterolf und Lothar Odinius/Walther alle aus echtem Schrot und Korn. Markus Eiche singt einen phänomenalen angenehm timbrierten Wolfram. Sein ‚Abendstern‘ wirkt sehr distinguiert. In nichts steht ihm der Hermann des Kwangchul Youn nach, der seinen samtenen Baß ins Feld und in den „Krieg“ führt. Camilla Nylund übernahm wieder die Elisabeth und changiert zwischen fragiler schlanker Heiliger und neureich neckisch eitlem Fratz. Gesanglich steht ihr  dabei eher eine etwas enggeführte „Kunststimme“ als ein natürlicher für die Euphorie der intialen Hallenarie so erwünschten sich verströmenden Sopran zur Verfügung. Diese Richtung  kann sie aber auch am Schluss in der Disperation nicht gehen. Die Venus der Michelle Breedt erscheint adäquat besetzt, ein angenehm timbrierter tanzender Sopran. Der Tannhäuser des Torsten Kerl kann in jeder Hinsicht punkten, technisch genügt sein helles exquisites und  konsistentes Tenormaterial jederzeit den den musikalischen Anforderungen z.B im Lied an Venus oder der vertrackten Rom-Erzählung.                      

  Friedeon Rosén

 

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