Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

BAYREUTH/ SONNENTEMPEL : „DINNER-KONZERT“ mit MAAYAN LICHT (im Rahmen des Bayreuth Baroque Festivals)

BAYREUTH/ SONNENTEMPEL : „DINNER-KONZERT“ mit MAAYAN LICHT

am 11.9. 2023 (im Rahmen des Bayreuth Baroque Festivals)

sonn
Der Sonnentempel. Copyright: Bayreuth Baroque

Wer das Glück hatte, Maayan Licht als jeglichem Geschlecht zugeneigten Amor in Martin y Solers „L‘arbore di Diana“ an der Wiener Kammeroper zu erleben, wird sich zwangsläufig Hals über Kopf in ihn verknallt haben müssen. Seine bravouröse Gestaltung der Titelrolle in Leonardo Vincis „Alessandro nell‘Indie“ (immer noch auf youtube abrufbar) bewies endgültig, dass mit diesem jungen Israeli (mit österreichischen Wurzeln und österreichischer Staatsbürgerschaft) ein neuer Superstar am Countertenorhimmel geboren worden war.

Insofern war man voll freudiger Erwartung, als das Bayreuth Baroque Festival einen Abend mit ihm ankündigte, noch dazu als „Dinner-Konzert mit Kerzenlicht“, noch dazu im „Sonnentempel der Orangerie in der Eremitage“ und noch dazu mit Arien der göttlichen Maestri Vivaldi und Händel.

Was konnte dabei schon schiefgehen ? Leider Gottes so gut wie alles…

Das Dinner (zur Auswahl: ein Wild-, ein Fisch- und ein vegetarisches Menü) war ja ganz nett, fand aber nicht während des Konzerts, sondern v o r h e r statt, und das nicht bei Kerzenlicht, sondern in dem sehr hell und dadurch sehr nüchtern ausgeleuchteten Großen Saal der Orangerie – und stand auch in keinem wie immer gearteten Zusammenhang mit dem danach künstlerisch Dargebotenen.

Und das war dann die eigentliche Katastrophe.

Nicht dass Händel und Vivaldi nicht wunderschöne Arien geschrieben hätten…nicht dass Maayan Licht nicht virtuos singen könnte…nicht dass sein Cembalist Guy Maori nicht sein Handwerk beherrschte…wenn man nur etwas gehört hätte….!

Denn der als „Sonnentempel“ bezeichnete Mittelteil des Neuen Schlosses in der Eremitage mag zwar ein bezauberndes Bauwerk sein, ist aber für musikalische Darbietungen v o l l k o m m e n ungeeignet. Der Mega-Hall ist so lang und stark, dass etliche Zuschauer das Weite suchten und sich das halbstündige Konzerterl lieber von draußen als von drinnen anhörten.

Und Kerzenlicht mag ja an und für sich romantisch sein, aber wenn es dazu führt, dass man den auch gestalterisch genialen Maayan kaum sieht und von seinem wieder einmal extravaganten „farbenprächtig – fluiden“ Bühnenkostüm nur noch Grautöne wahrnimmt, dann hat irgendwer bei der Inszenierung nicht aufgepasst.

tem
Dieses Photo trügt total (wie der ganze Abend): von diesem geilen Outfit sah man „bei Kerzenschein“ nur graue Schemen…copyright: Bayreuth Baroque

Dass der blutjunge Maayan noch nicht erfahren genug ist, um seine überwältigende Stimme in diesem unpassenden Rahmen etwas zurückzunehmen, mag ja noch verständlich.Unverständlich hingegen, dass der künstlerische Leiter des Festivals, der ja auch Lichts Agent ist, sein bestes Pferd im Stall einem solchen Himmelfahrts- bzw. Sonnentempelfahrtskommando aussetzt…

Schwer enttäuschte Bayreuth Baroque – Stammgäste murmelten vornehm etwas von „Einnahmensmaximierung“ und sogar von „zynischer Abzocke“…

Soweit wollen wir uns dann doch nicht vorwagen, aber als ihr dem Leserwohl verpflichteter Rezensent muss ich an dieser Stelle doch eine sehr ernsthafte Produktwarnung aussprechen – für den Fall dass dieses groteske „Dinner-Konzert mit Kerzenlicht im Sonnentempel der Orangerie in der Eremitage“ nächstes Jahr wieder auf dem Programm stehen sollte…

Robert Quitta, Bayreuth

 

 

Diese Seite drucken