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BAYREUTH: GÖTTERDÄMMERUNG

16.08.2014 | KRITIKEN, Oper
Bayreuth: GÖTTERDÄMMERUNG am  15.8.2015
 

Lance Ryan (Siegfried) mit den RheintöchternFoto: Bayreuther Festspiele/ Enrico Nawrath
 
Die finale ‚Götterdämmerung‘ entbehrt einer Regie-Lösung bzw. noch einmal einer großen Idee Frank Castorfs für das Weltuntergangsdrama. Es wird auch vom Bühnenbild /Alexandar Denic das meiste aus den vorangegangenen Ring-Teilen mehr oder weniger zusammengesetzt, samt Dönerbox, Obst-und Gemüsestand für die Gibichungenhalle, sowie der Börsenrempel an der Wall-Street, das aber bis zur Schlußszene im Christo’schen Sinne verpackt blieb und somit lange auch als Großbildleinwand-Fläche dient. Als Walhall-Synonym wird es aber nicht abgefackelt (Brünnhilde schüttet nur Benzin aus), sondern dient den Rheintöchern als Aufenthalt.
 
Insgesamt scheint auch die musikalische Wiedergabe nicht so hervorragend wie an den Vortagen. Das Blech und besonders das Solo-Horn hat nicht seinen besten Tag. Auch die Sängerleistungen schwanken und divergieren, was sicher auch dem extrem schlechten Wetter geschuldet war. Sonst hat Kirill Petrenko wieder alles im Griff und setzt seine Aufsehen erregende Interpretation durch.
 
Das Nornenvorspiel gelingt dem Regisseur noch einmal prächtig. Die 3 tragen schwarzes, rotes und goldenes Gewand und hohe Bischofsmützen.Wenn sie nicht singen, werkeln sie in einem zentralen Raum, der später auch russisch-orthodoxe Devotionalien enthält und später für Hagen zum mit Scherengitter schließbarer Rückzug- und Beobachtungsraum mutiert. Später ist er Schlafstelle für ein Pärchen am Alexanderplatz, wo Siegfried, der auf alles eifersüchtig ist, was eine Frau hat, den Mann mit Stiefeltritten traktiert. Über diesen Raum führen steile Eisentreppen nach ganz oben, auf denen die Nornen hochsteigen und wo Alberich (Wieder gut: Oleg Bryjak) sie nach seinem Mahngesang zum Geschlechtsverkehr aufsucht. Neben dem Treppenhaus ist oft auch der vertikale Schnitt eines Abbruchhauses zu sehen. Bei der Rheintöchterszene räkeln sich die Mädchen in einem großen Mercedes, der neben dem allpräsenten Wohnwagen aufgestellt ist.
 
Eine zuverlässige Floßhilde und 1.Norn gibt mit nicht so großem, nur leicht voluminösem Alt Okka von der Damerau. Julia Rutigliano/Wellgunde und Mirella Hagen/ Woglinde sind schwarz und blond als kleine Pendants zur stämmigen Floßhilde und singen wieder ein berückendes von Wagners Spätkunst beeinflusstes Terzett. Auch das ‚umgedrehte‘ Nornentrio kann sich zusammen mit Claudia Mahnke und Christiane Kohl hören lassen. Es fragt sich, warum letztere, ein schönstimmig agiler Sopran, noch nicht für höhere Aufgaben verwendet wurde. Die Waltraute-Episode gewinnt szenisch gar nicht und wird auch von Claudia Mahnke, Baden-Württembergische Kammersängerin, gesanglich nicht durchdrungen. Wegen des Vibratos auch sehr textunverständlich, zieht sie die Brünnhide Catherine Forster in dieser Szene auch mit nach unten. Forster wird aber wieder besser nach einem sehr dosierten ‚Speereid‘. Ihre Schlussansprache ist gekonnt  und kein Rampensingen, sondern mit glühend empfundenen Phrasen dargebracht und mit weichem Ansatz in die Höhen geschraubt.
 
Der Chor/Eberhard Friedrich reussiert ordentlich und stimmstark und präsent in den Einwürfen.- Alejandro Marco-Buhrmester gibt einen drahtigen, dramatisch-sonoren Gunther, während der Hagen Attila Jun als Irokese asiatische Baß-Potenz aufbaut, dabei aber immer belcantesk bleibt. Gutrune, die von ihm eine kleine Isetta geschenkt bekommt, weil sie sich als Köder für Siegfried zur Verfügung stellt, wird von Allison Oakes in Modenschau-Kleidern/Kostüme: Adriana Braga Paretzki dargestellt. Ihr steht auch ein verführerischer samt timbrierter Sopran zu Verfügung und wirft sich ins Chorgewühl an der Dönerbude, kloppt sich mit Siegfried. Dieser wird von Lance Ryan wieder erste Sahne gegeben. Seine coole trockene Art, viele Phrasen ‚anzupeilen‘, ist sicher Geschmacksache. Aber wie er z.B. seine Jugendstorys ‚verkauft‘, erscheint stimmlich einmalig in ihrer unschlagbaren granitenen Ausformung und wieder ins iano zurückgenommenen Phrasierung. Sein Tod wird regielich durch eine blutüberströmte Leiche, um die sich die Rheinnixen kümmern, seitens Castorf antizipiert.                                                 

Friedeon Rosén

 

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