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BAYREUTH/ Festspiele/ „Kinderoper“: DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG

27.07.2019 | Allgemein, Oper


Die „Prügelszene“, für die Kinder der Höhepunkt. Foto: Enrico Nawrath / Bayreuther Festspiele

BAYREUTH/Festspiele: Kinderoper DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG – Premiere am 25. Juli 2019

Auch in diesem Festspielsommer lief das Erfolgsprojekt von Festspielleiterin Katharina Wagner mit großer Qualität und ebensolcher Zustimmung der wie immer zahlreich erschienenen Kinder mit ihren Eltern weiter. Anders als bei manchen Aufführungen im Festspielhaus reißt man sich hier auf der Probebühne II um die Karten wie vor einer Zeit, als es auch oben nicht genügend davon gab. Während der letztjährige „Ring des Nibelungen“ (siehe OPER: Archiv) momentan in Finnland weilt und dort im August/September gezeigt wird, stehen 2019 „Die Meistersinger von Nürnberg“ auf dem Programm. Die auf pausenlose eineinviertel Stunden reduzierte Fassung stammt von Katharina Wagner und Markus Latsch, die Regie von Dirk Girschik, das Bühnenbild von Ivan Ivanov, das Lichtdesign von Peter Younes und die ebenso fantasievollen wie farbenprächtigen Kostüme aus der Zeit des Stücks wurden, wie im letzten Jahr, von Ina Kromphardt entworfen. Bei der Maske hat man wieder Studenten der Theaterakademie August Everding in München engagiert, also ein produktiver Nebeneffekt.

Die musikalische Leitung liegt bei Marko Zdralek mit dreißig Musikern des Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt (Oder) und einer Dreifachbesetzung der Streichinstrumente sowie bis auf Flöte, Tuba und Pauke (beide ohnehin selbstverständlich), und Harfe, in Doppelbesetzung. Dennoch entfaltete das hinter der Bühne platzierte Orchester eine hohe Klangqualität, bei entsprechender Lautstärke. Zum Finale hin öffnet sich die Hinterbühne zum Festspielhaus und erweitert so die imaginäre Festwiese, gleichzeitig einen äußerst wünschenswerten Luftzug hereinlassend. Denn an diesem Premieren-Vormittag war es sowohl auf der Bühne des Festspielhauses mit „Tannhäuser“ als auch auf der Probebühne II außergewöhnlich heiß. Diese war zudem noch mit schwarzen Stoffen drapiert. Ich war überrascht, dass alle Kinder überhaupt durchgehalten haben, ohne ohnmächtig zu werden.

Viele der Meister tragen das Barett von Richard Wagner, sodass man sich mit der Ausstattung wie im 16. Jahrhundert wähnt.  Andreas Hörl macht wie auf der Bühne des Festspielhauses den Hans Schwarz als Lachnummer. Michael Gniffke sieht aus wie Alberich und lässt sich hinterher mit den Kindern fotografieren. Der erste Stein für den „Ring“ ist für einige von ihnen damit gelegt. Paul Kaufmann sieht als Baltasar Zorn wie Rasputin aus und hängt dauernd am Bierkrug, sodass er vom Geschehen um ihn herum fast nichts mitbekommt. Man fragt sich wirklich, wie er Meistersinger geworden ist… Aber diese parodistischen Einlagen und dramaturgischen Elemente sind für das Verständnis der Kinder ungemein wichtig. So kommt auch Nähe zum Werk zustande, sowie eine Form von Identifikation. Marek Reichert macht das Finale als etwas abgehobener Fritz Kothner, und Hans Foltz wird immerhin vom gestandenen Wotan Ralf Lukas gesungen. Kay Stiefermann als Konrad Nachtigall rundet mit einem etwas eleganteren Outfit die Riege der „kleinen“ Meister ab. Eindrucksvoll bräsig wirkt auch Timo Riihonen als Veit Pogner gekleidet, der die Rolle mit profundem Bass singt.


Beckmesser belegt die Fehler des Junkers. Foto: Enrico Nawrath / Bayreuther Festspiele

Ein weiterer großer Lichtblick ist Vincent Wolfsteiner als Stolzing, der mit blonder Mähne sehr engagiert und mit einem kräftigen heldischen Tenor singt. Stefan Heibach ist ein stimmstarker David mit bester Diktion und tenoralem Aplomb. Die altbewährte Erda, Simone Schröder, gibt eine umtriebige und mit klangvollem Mezzo singende Magdalene. Christiane Kohl ist mit ihrem eher hellen Sopran stimmlich der passende Gegenpol.

Werner von Mechelen gestaltet den Sachs souverän und hebt sich sofort nach Beginn klar von den anderen Meistern ab, stimmlich und mit seiner Fähigkeit zur Reflexion. Armin Kolarczyk spielt den Beckmesser, „keiner besser“, mit komödiantischer Intensität und kann zu keinem Zeitpunkt verhehlen, dass er nichts anderes im Kopf hat, als Stolzing von Eva abzuhalten. Das macht er auch sängerisch hervorragend. Nicht zuletzt wird an Kolarczyk deutlich, welch enormes Sängerpotenzial die Festspiele in der zweiten und dritten Reihe haben.


Foto: Stolzing, Sachs und Eva. Enrico Nawrath / Bayreuther Festspiele

Ivan Ivanov hatte die blendende Idee, auch wegen der Enge des Raumes, neben einem fixen Haus aus Nürnberg einen Teil des Bühnenbildes auf eine Drehbühne zu setzen, sodass man einmal die Katharinenkirche sah, dann die Stadt Nürnberg nach Drehung der Kulisse, und bei einer weiteren Drehung die Schusterstube. Das sorgte auch für Belebung im Stück. Im Hintergrund wurden ständig die bunten Fenster der Katharinenkirche geputzt…

Die Akteure versuchten mit wenigen, aber klaren Gesten die Handlung den Kindern nahezubringen. Sie enthielten sich aber fast vollständig der Interaktion mit ihnen, was letztes Jahr beim „Ring“ so gut gelang. Das hätte m.E. viel mehr Engagement der Kinder bewerkstelligen können, auch wegen der Hitze. Natürlich gefiel diesen besonders die traditionell gestaltete Prügelszene. Die Handlung wurde mit klar konturierten Szenen erzählt, und man merkte den Sängern an, dass sie dabei Spaß hatten – ein ganz wichtiger Faktor zu überzeugen. Gute Mimik und viel Humor bei gewissen Aktionen waren hier wesentliche Determinanten des Erfolgs. Riesenapplaus für alle.


Hans Sachs bei der Arbeit. Foto: Enrico Nawrath / Bayreuther Festspiele

Im kommenden Jahr wird es „Tristan und Isolde“ geben. Man darf schon jetzt gespannt sein. Weitere Aufführungen der „Meistersinger“: 4.8. (zweimal).

Klaus Billand


Foto: Stolzing mit David. Enrico Nawrath / Bayreuther Festspiele

 

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