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BASEL/ Theater: DIDONE ABBANDONATA von Niccolò Jommelli. Neuinszenierung

«Es gibt keinen, der mir hilft oder mich umbringt»

13.06.2019 | Allgemein, Oper

Niccolò Jommelli: Didone abbandonata, Theater Basel, Vorstellung: 12.06.2019

 (2. Vorstellung seit der Premiere am 07.06.2019)

«Es gibt keinen, der mir hilft oder mich umbringt»

«Es gibt keinen, der mir hilft oder mich umbringt» bilanziert Dido kurz vor dem Schluss von Jommellis Oper. Aeneas hat sie verlassen, Osmidas hat sie verraten, Selene folgt Aeneas und Jarbas hat sie verstossen und Karthago in Brand gesteckt. Dido ist die Königin, die per se alles haben kann, und in ihrer absoluten Macht absolut einsam.

In ihrer Inszenierung von Jommellis «Didone abbandonata» gelingt es der niederländischen Regisseurin Lotte de Beer hervorragend die Einsamkeit der Mächtigen zu thematisieren. Christof Hetzer (Bühne und Kostüme) hat ihr dafür einen schwarzen Steg geschaffen, der quer durch das Theater, von der Bühne über den hochgefahrenen Graben in den Zuschauerraum verläuft. Treppen für die zahlreichen Auftritte und Abgänge finde  sich an den Enden des Stegs und in der Mitte in das nicht benutzte Drittel des Grabens. Auf diesem Steg, aber immer wieder auch an verschiedenen Stellen des «erweiterten» Zuschauerraums (Bühne und eigentlicher Zuschauerraum) erzählt de Beer nun die Geschichte Didos. Durch die Konzeption der Bühne und der damit erreichten Nähe des Zuschauers zum Geschehen, erhält die Geschichte ungeahnte Intensität. In Kombination mit der eindrücklichen Beleuchtung (Roland Edrich) und den mit Ausnahme von Dido sehr zurückhaltenden, heutigen Kostümen wirkt das Geschehen wie ein Kammerspiel.


©Sandra Then

Für die musikalische Konzeption des Abends verantwortlich ist die Dirigentin Daniela Dolci. Von den über 60 Vertonungen des Metastasio-Librettos habe man sich in Basel für jene Jommellis entschieden, da dieser durch seine Entwicklung der «recitativi accompagnati» und die Verbindung des süditalienischen (gemeint dürfte neapolitanisch sein) Erbe mit der mitteleuropäischen Kultur ein entscheidender Komponist. (Da die Spezialität Dolcis und ihres Ensembles die Aufführung unbekannter Werke ist, dürften Hasse und Händel schon weggefallen sein). Um das Werk auf eine für das Basler Publikum erträgliche Dauer zu bringen und de Beers Interesse an den Rezitativen (hier könne man etwas entwickeln, was wie Sprechtheater sei) zu befriedigen, wurde grosszügig gestrichen: Rezitative, ganzen Arien oder Wiederholungen. Diese auf der dritten Fassung von Jommellis Didone basierende Basler Fassung wird von dem von Dolci gegründeten Barockensemble Musica fiorita  sehr gut exekutiert. Die kleine Besetzung, etwa 25 Musiker positioniert in dem linken Drittel des hochgefahrenen Graben, bleibt mit ihrem diskreten, weitgehend arm an deutlichen Akzenten Klang immer gut hörbar. Dolci leitet den Abend vom Cembalo aus und das Ensemble spielt bereits bei Öffnung des Zuschauerraums, so dass der Klang des Ensembles als Hintergrundmusik untergeht und viele Besucher bemerken nicht, wenn es quasi nahtlos zur Ouvertüre übergeht und die Vorstellung beginnt.


©Sandra Then

Nicole Heaston verkörpert die Titelfigur Dido. Heaston ist nahezu permanent auf der Bühne: Technisch bleiben keine Wünsche offen, die Emotionen dürften manchmal etwas intensiver sein. Der Countertenor Vince Yi, wie Heaston begeisterte auch er schon in der Basler Alcina, überzeugte auf ganzer Linie. Seine helle, hohe Stimme bildete einen guten Kontrast zur etwas tieferen, runden Stimme des zweiten Countertenors Luigi Schifano, der den Araspes verkörperte. Sarah Brady, Mitglied des Opernstdios AvenirPLUS, sang Didos Schwester. Die junge irische Sopranistin nahm mit frischer Stimme und engagiertem Spiel für sich ein. Hyunjai Marco Lee und Ena Pongrac, Mitglieder des Opernstudios Avenir, ergänzten das Ensemble als Jarbas und Osmidas.

Bildergebnis für theater basel didone abbandonata
©Sandra Then

Es bleibt die Frage, weshalb man in einer Stadt, in deren Mauern sich mit der Schola Cantorum Basiliensis eines der wichtigsten Ausbildungszentren für Alte Musik befindet, eine Dirigentin für die musikalischen Leitung der Oper verpflichtet wird, die dem Werk offensichtlich nicht vertraut. Das Ziel des Ensembles, das historisch informiert spielen will, aber kaum danach klingt, vergessene Partituren wieder aufzuführen, wird an diesem Abend nicht erreicht

Eine angenehme Möglichkeit der Musik Jommellis zu begegnen. Mehr aber nicht.

Weitere Aufführungen: 13.06.2019, 17.06.2019, 20.06.2019, 21.06.2019 und 23.06.2019.

 

13.06.2019, Jan Krobot/Zürich

 

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