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BASEL/Stadtcasino: SINFONIEORCHESTER BASEL „BRUCKNER 9“ Domingo Hindoyan; Lawrence Power (Viola)

Basel: Stadtcasino Basel – Sinfonieorchester Basel (SOB) – «Bruckner 9» – Lawrence Power (Viola) – Domingo Hindoyan (Leitung)

 – 19.04.2023 (besuchtes Konzert) / 20.04.2023

Die Harmonie zwischen Anton Bruckner und Anders Hillborg

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Lawrence Power (Viola), Domingo Hindoyan (Leitung), Sinfonieorchester Basel. (Foto: Florence Dreier)

Beim jüngsten Konzertabend «Bruckner 9» bringt das Sinfonieorchester Basel (SOB) zwei Komponisten zur Aufführung, welche auf den ersten Blick eigentlich so gar nichts verbindet: Anders Hillborg (Composer in Residence des SOB) und Anton Bruckner. Betrachtet man diese beiden Persönlichkeiten etwas vertiefter, so fallen Berührungspunkte zwischen den beiden Komponisten auf. Beide haben ihre Werke stets kritisch überarbeitet und entwickelt. Hillborgs «Konzert für Viola und Orchester (2021)» erklingt heuer in seiner dritten Version als Schweizer Erstaufführung. Bruckner hat ab 1887 bis zu seinem Tod 1896 an der 9. komponiert, die Arbeit jedoch immer wieder durch Revisionsarbeiten an älteren Werken unterbrochen. Das alles krönende – abschliessende – «Bruckner-Finale» blieb der letzten Sinfonie jedoch verwehrt, da der Komponist das Werk zeitlebens nicht vollenden konnte. So endet die Sinfonie verklärt versöhnend und lässt weitere musikalische Entwicklung zu. So ist das auch bei Anders Hillborg, der seine Werke ständiger Überarbeitung unterwirft und dabei auch Anregungen des Aufführenden aufnimmt, so, wie das im vorliegenden Fall mit Lawrence Power der Fall war, für den Hillborg das Konzert komponiert hat. Heuer treffen also Bruckner mit seiner spätromantischen Annäherung an die Moderne und Hillborg, welcher mitten in der modernsten Moderne steht, aufeinander – letzten Endes ein harmonisches Programm!

Der britische Bratschist Lawrence Power, welcher als Professor an der Zürcher Hochschule der Künste wirkt, ist ein leidenschaftlicher Anhänger zeitgenössischer Musik. Alles, was neu ist, fasziniert ihn: «Es ist unsere Aufgabe, neue Musik in die Welt zu schicken. Das hält auch frisch.», sagt der Musiker im Interview im Programmheft. Diese Begeisterung gibt er seinen Studierenden weiter; die Vermittlung von Neugier, Offenheit und Flexibilität ist ihm dabei ein besonderes Anliegen. Mit dem «Konzert für Viola und Orchester (2021)» von Anders Hillborg kann Lawrence Power sämtliche klanglichen und technischen Facetten, welche eine Viola zu bieten hat, aufzeigen und genussvoll ausspielen. Dabei kommen auch die wilden Charakterzüge dieses Instruments, welches ja sonst eher diskret als Verbindungsglied zwischen Violinen und den Bassinstrumenten agiert, voll zum Tragen und werden dank des technisch glänzenden und emotional differenzierten Vortrags durch den Bratschisten vom Publikum bewusst wahrgenommen. Das Sinfonieorchester Basel (SOB) unter der schwungvollen Leitung von Domingo Hindoyan komplettiert dieses ungewöhnliche, anspruchsvolle Hörerlebnis.

Sehr feierlich und gross eröffnet Maestro Hindoyan mit dem SOB im zweiten Teil des Abends die «Sinfonie Nr. 9 d-Moll, WAB 109 (1896)» von Anton Bruckner. Grosse Klangbogen und feine innere Differenzierung – ein ausgewogenes Ausspielen von Forte und Piano – prägen die Aufführung. Es entsteht im ersten und dritten Satz ein monumentales Gesamtklangwerk, in welchem die verschiedenen Orchestergruppen weitgehend miteinander verschmelzen. Im zweiten Satz, dem «Scherzo» duelliert sich die «stampfende» Rhythmus-Maschine mit dem fein-witzigen «Trio», wobei dabei die grandios-fröhlichen Einwürfe der Flöte besonders hervorzuheben sind. Es gerät ein kraftvoller, humoristischer zweiter Satz, grossartig gespielt, dramaturgisch äusserst originell umgesetzt. Im feierlichen dritten Satz finden die Aufführenden dann wieder zu grossen, stimmungsvollen Klangbogen im Gesamtklang zurück.

Grosser Applaus für einen interessanten und trotz vollkommen unterschiedlicher Standpunkte äusserst harmonischen Konzertabend.

Michael Hug

 

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