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BASEL/ Stadtcasino: NEUE WELT Sinfonieorchester Basel, Christina Landshamer (Sopran), Ivor Bolton (Leitung)

Basel: Stadtcasino – «Neue Welt» – Sinfonieorchester Basel (SOB), Christina Landshamer (Sopran), Ivor Bolton (Leitung)

 – 26.08.2020

Dich, teure Halle, grüss’ ich wieder …

Ja, teuer wurde er, der Umbau des Stadtcasinos Basel, welcher sich über vier Jahre erstreckte. Das Sinfonieorchester machte sich derweil auf Wanderschaft und konzertierte im Theater, Musical Theater sowie im Basler Münster. Mit äusserst attraktiven Programmen und höchster musikalischer Qualität vermochte das Sinfonieorchester Basel (SOB) das Publikum an den drei unterschiedlichen Spielorten zu begeistern. Management und Musikern ist es gelungen einen möglichen Einbruch der Besucherzahlen abzuwenden. Mehr noch: Mit vielen Konzerten gelang es während dieser Zeit auch vermehrt jüngere – angehende – Musikfreunde zu gewinnen: Die Live-Begleitung von Spielfilmen – und da waren sowohl Blockbuster als auch Filmklassiker dabei – schlugen für so manchen jungen Besucher die Brücke vom Kino- zum Konzertsaal. Die grossen Werke von Mahler, Bruckner usw. kamen unter teilweise akustisch nicht ganz einfachen Bedingungen zur strahlenden Aufführung, prominente Künstler, wie z. B. Valery Gergiev, Marek Janowski oder Mario Venzago gaben sich beim SOB die Ehre – ein klares Zeichen: Das Sinfonieorchester Basel hat seine Position im internationalen Musikgeschäft weit mehr als nur gefestigt.

Rückblickend sei festgehalten, dass ohne Hilfsbereitschaft und Engagement des Theaters Basel, des Musical Theaters Basel und des Basler Münsters die Realisierung solch spannender Musikerlebnisse nicht möglich gewesen wäre – «habet Dank!» für das grosszügig gewährte Gastrecht!

Langes Warten und Kosten haben sich gelohnt: Ein von den Stararchitekten Herzog und de Meuron prächtig renoviertes und ausgestattetes Konzerthaus ist entstanden! Der alte, hässliche und äusserst unpraktische Eingangsbereich des Stadtcasinos ist einem grosszügigen, aufwändig gestalteten Foyer gewichen, in welchem sich die eleganten Konzertbesucherinnen und -besucher sehen und sehen lassen können. Da wird sich nun wohl so mancher überlegen, ob er in kurzen Hosen und barfuss in Sandalen ein Konzert besucht …


Elegant und festlich: Das Foyer des Stadtcasinos Basel (Foto: Michael Hug)


Magisch: Das Treppenhaus zum Balkon (Foto: Michael Hug)

Der denkmalgeschützte Konzertsaal wurde sorgfältig erneuert: Eine neue Bestuhlung mit bequemen Sitzen und etwas mehr Beinfreiheit – dazu absolut knarrfrei –, ein neuer Parkettboden, sowie eine Belüftungsanlage sorgen für erhöhten Musikgenuss im akustisch ohnehin schon äusserst hochstehenden – und auch international bedeutenden – Saal.


Mit Tageslicht durchflutet: Der historische Konzertsaal (Foto: Michael Hug)

Seit dem 26. August 2020 ist nun auch die neue Aera für die Abonnementen eingeläutet. Hans-Georg Hoffmann, künstlerischer Direktor, und Franziskus Theurillat, Geschäftsleiter des SOB, begrüssen das zahlreiche Publikum mit herzlichen Worten und danken für die Solidarität und Treue zum Sinfonieorchester in dieser verrückten Zeit. Besonders darf man sich darüber freuen, dass das SOB einen Abonnentenzuwachs von 15 % verzeichnen darf, was belegt, dass das SOB auch mit seinen virtuellen Angeboten während des Lockdowns den Geschmack vieler kulturbegeisterten Menschen getroffen hat. Zeiten des Aufbruchs sind nicht selten auch Zeiten des Abschieds: So wird an diesem Abend nach 39 Dienstjahren der Solopaukist Taijiro Miyazaki verabschiedet. Und dieser verabschiedet sich mit einer brillanten Leistung in den wohlverdienten Ruhestand.

Und nun brechen wir also, zusammen mit dem SOB, auf in eine «Neue Welt», eine neue Aera, geprägt durch wirtschaftliche Veränderungen, ein fantastisch renoviertes Stadtcasino und ein unberechenbares Virus, welches uns Schutzmassnahmen aufzwingt, an die wir uns sicherlich – gerade im Konzertsaal und Theater gewöhnen und auf längere Zeit einstellen müssen. Aber auch hier macht das SOB die Not zur Tugend, indem es schmucke textile Schmuckmasken mit Emblem zum Kauf anbietet – ein elegantes Accessoire, passend zu jedem Kleid bzw. Anzug. Überhaupt setzen die Verantwortlichen das Schutzkonzept sorgfältig um – und das Publikum hält sich vorbildlich an die Vorschriften.

Zur Wiedereröffnung, bzw. zur «Weihe des Hauses» hat das SOB ein attraktives Konzertprogramm zusammengestellt. Eröffnet wird der Abend mit einem Auftragswerk des SOB: «Einkreisung (2020)» von Helena Winkelmann. Es ist dies ein Stück für acht Alphörner, welche im ganzen Saal verteilt angeordnet sind. Es erklingt ein eigentlicher «Alpsegen für den neuen Saal». Die Komponistin, welche «Stille, Natur und Zeitgeist» zu ihren Inspirationsquellen zählt, kombiniert traditionell-heimatliche und neuzeitlichen Klängen zu einer stimmungsvollen Komposition, welche durch farblich wechselnde Beleuchtung an Emotionalität gewinnt.

Ein Feuerwerk an Begeisterung und Spielfreude erklingt mit Ludwig van Beethovens Ouvertüre aus «Die Weihe des Hauses, op.124 (1882)». Die Freude wieder im Stadtcasino zu musizieren, ist beim Sinfonieorchester Basel und seinem Chefdirigenten Ivor Bolten sicht-, spür- und hörbar. Ein wahres Musikfest: dynamisch, toll phrasiert, geprägt durch festliche Strahlkraft der Bläser und kraftvolle Tutti!

Die feinen, leisen und meditativen Töne klingen in «Trois Gymnopédies, 3. Lent et douloureux, Orchesterfassung (1897)» von Erik Satie/Claude Debussy an. Da verschmelzen die ausdrucksstarke Harfe und die äusserst feinen, exakten Streicher zu einer musikalischen Meditation miteinander.

Christina Landshamer gibt mit «Morgen» aus «Vier Lieder, op, 27 (Orchesterfassung) (1897)» von Richard Strauss und «Infelice», Konzertarie für Sopran und Solovioline (heuer als Solist bestechend brillant: Konzertmeister Axel Schacher), op.94 (1834)» von Felix Mendelssohn Bartholdy ihr eindrückliches Debut als «Artist in Residence» an der Stadt am Rheinknie. Am 2./3. Dezember wird die sympathische Sopranistin übrigens zusammen mit Mauro Peter, Florian Boesch und dem SOB unter Ivor Bolton in Joseph Haydn’s «Die Schöpfung» zu hören sein – wir freuen uns darauf!

Den glanzvollen Schlusspunkt des Abends bildet die «Sinfonie Nr. 9 e-Moll, «Aus der neuen Welt», op.95 (1893)» von Antonin Dvorak. Ivor Bolton und das SOB zaubern grosse, kraftvolle Klangbogen und nutzen die akustischen Möglichkeiten des Saales in vollem Mass aus. Absolut berührend gerät der zweite Satz, kraftvoll und dynamisch die übrigen. Nie wird es übertrieben laut, jedoch jederzeit spannend und mitreissend! Der Dirigent verzichtet auf übertriebenes Pathos. Eine spannende, anregende Aufführung der populären Sinfonie gelingt. Durch die intelligente Einstudierung und deren sensible Umsetzung entsteht musikalische Transparenz, dank welcher die Zuhörer auch einiges Neues entdecken können. Damit stellen das SOB und Ivor Bolton einmal mehr unter Beweis, dass sie Meister der Romantik sind.


Grosse Freude über die gelungene Rückkehr ins Stadtcasino: Ivor Bolton und das SOB (Foto: Michael Hug)

Grosser Applaus des Publikums:

… froh grüss ich dich, geliebter Raum! – und geliebtes Orchester!

 

                                                                                                                                  Michael Hug

 

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