Basel: Stadtcasino Basel – “Happy Birthday Ravel” – Sinfonieorchester Basel (SOB) – Betrand Chamayou (Klavier) – Pierre Bleuse (Leitung)
Besuchtes Konzert: 19.02.2025
Einen Schwerpunkt in der Programmgestaltung des Sinfonieorchesters Basel (SOB) bilden Kompositionsaufträge, welche das Orchester an Schweizer oder in der Schweiz lebende Komponist*innen erteilt. So erhalten höchst interessante musikalische Persönlichkeiten die äusserst attraktive Möglichkeit, ihre Werke von einem bedeutenden Orchester einem sachverständigen Publikum (ur)aufzuführen. Heuer ist die Reihe an Friedemann Treiber (*1971) – und der richtet gleich mit der ganz grossen Kelle an: vierfache Bläserbesetzung, grosses Schlagzeug, Klavier und ein Cimbalom versprechen ein monumentales Klangerlebnis. Diesen Erwartungen wird der Komponist mit seinen «Relations für grosses Orchester (2025)», welche an diesem Abend zur Uraufführung gelangen, mehr als nur gerecht. Die Komposition ist auf drei Ebenen aufgebaut und geht in der ersten musikalischen Ebene von einem einzigen Akkordpaar aus, welches weiterentwickelt wird – mal laut, mal leise – mal gewaltig aufbrausend, mal bedrohlich ruhig. Als zweite Ebene verarbeitet Treiber menschliche Verluste, wie den Tod seines ehemaligen Geigenlehrers Hansheinz Schneeberger, des Komponisten Erik Ona und des Schlagzeugers Marc Rebetez – alles Persönlichkeiten, welche Friedemann Treiber nahestanden und ihn prägten. Auf der dritten Ebene – der spirituellen – zeigt das Werk auf, wie Ereignisse auf unerklärliche Weise zusammenfallen. Alles steht also in Beziehungen – also «Relations» – zusammen. So klingt auch das Werk – rätselhaft, aufwühlend, unabsehbar, überraschend. Von den Klangfarben her erinnert mich «Relations» an die Musik von Bernard Herrmann, welcher als langjähriger Hauskomponist von Alfred Hitchcock die Überraschungs- und Spannungseffekte der Filme des «Masters of Suspense» perfektionierte. Das Sinfonieorchester Basel (SOB) setzt unter der präzisen, eindeutigen Stabführung von Pierre Bleuse Treibers spannungsgeladene, überraschende Musik stimmungsvoll und spannungsgeladen um.
Freude über den grossen Applaus bei Bertrand Chamayou, Pierre Bleuse und dem Sinfonieorchester Basel (Foto: Benno Hunziker)
Virtuos und spektakulär geht es weiter mit dem «Konzert für Klavier und Orchester G-Dur (1931) von Maurice Ravel. Mit Betrand Chamayou konnte ein wahrlicher Ravel-Experte, -Kenner und -Könner gewonnen werden, wurde doch seine Gesamteinspielung von Ravels Klavierwerk mehrfach ausgezeichnet. Mit grösster Sensibilität, grandioser Technik interpretiert der Pianist das Werk mit einer beeindruckenden Leichthändigkeit. Den langsamen Satz eröffnet Bertand Chamayou sensibel meditativ. Diese innere Ruhe wird von den Holzbläsern sowie dem Orchester aufgegriffen und durch den ganzen Satz mitgetragen. Maestro Bleuse führt das Orchester in ruhigen musikalischen Wellen, die Holzbläser übernehmen die melodische Führung, das Klavier verziert, bevor es dann den Lead wieder übernimmt. Dieser Wechsel ist kaum spürbar, es gelingt eine herrliche, melodische Klangmischung. Dazu steht der dritte, finale Satz im Kontrast. Der Pianist kann dabei seine Virtuosität bei den vielen musikalischen Effekten voll ausspielen. Zusammen mit dem Orchester gerät ein spektakuläres, leidenschaftliches, rauschendes Finale. Begeisterter Applaus des Publikums, auf welchen der Solist seine eigene Klavierbearbeitung von Ravels A-cappella-Chor «Trois beaux oiseaux du paradis» folgen lässt.
Nach der Pause erklingt die «Sinfonie B-Dur op. 20 (1890)» von Ernest Chausson. Pierre Bleuse setzt zusammen mit dem Sinfonieorchester Basel auf Grösse, Ausdruckskraft und Majestät. In der klaren, präzisen Einstudierung kommen auch die Instrumentalsoli voll und ganz zur Geltung. Tieftraurig und ergreifend gerät der zweite Satz (Très lent). Mit einem feurig eröffneten dritten Satz (Animé), in welchem das SOB erneut sämtliche musikalische Stimmungen zum Erleben bringt, schliessen Sinfonie und Konzertabend, herzlichst verdankt vom begeisterten Applaus des Publikums.
Michael Hug, Basel