Basel: Musical Theater – “Phantom of the Opera”
6.11. – 22.12.2024 – besuchte Aufführung 8.11.2024
Ein Kreis scheint sich zu schliessen – ?
Copyright: Giulia Marangoni
Vor rund 30 Jahren – genau im Jahr 1995 – feierte Andrew Lloyd Webbers Musical-Hit «The Phantom of the Opera» in Basel im dauerhaft für Musicals eingerichteten Musical Theater, seine weit über die Landesgrenze hinaus beachtete, fulminante Premiere – mit dem Baselbieter Tenor Florian Schneider in der Rolle des Phantoms. Das Theater, welches in einer Halle der Messe Basel eingerichtet wurde, zählt zu den modernsten Theatern der Schweiz beherbergte in den vergangenen dreissig Jahren erfolgreiche Konzert-, Musical-, Tanz- und Showproduktionen und war während des Umbaus des Stadtcasinos – nebst dem Theater Basel – vorübergehende Heimat für das Sinfonieorchester Basel mit seinen sinfonischen Konzerten.
Ginge es nach dem Basler Regierungsrat, müsste das Musical Theater in Bälde einer Schwimmhalle mit 50-Meter-Becken weichen, da die Renovierung und Instandhaltung des nun doch etwas in die Jahre gekommene Theater zu teuer zu stehen kämen. Dagegen erhob sich Widerstand in Basels kulturverständigen Bevölkerung, die politische Diskussion ist voll im Gange. Der vom Phantom besungene «Point of No Return» scheint – zum Glück! – noch nicht erreicht!
Schliesst sich nun der Kreis, wenn nach fast dreissig Jahren FBM Entertainment die Produktion der Broadway Entertainment Group by Arrangement with The Really Useful Group LTD Webbers «Phantom» wieder nach Basel bringt? Das Basler Publikum setzt hier ein klares Zeichen und sorgt für gut ausgelastete Vorstellungen – und lange Standing Ovations. Völlig zu Recht, denn die Aufführung ist grosse Klasse und bringt erneut den «Spirit of Musical» in die Stadt am Rheinknie.
Selbstredend ist die Tour-Produktion bezüglich Bühnenbild um einiges «schlanker» als die «feste» Produktion vor dreissig Jahren. Auf die riesige Treppe zum Beginn des zweiten Aktes müssen wir verzichten, dafür hängt (und fällt) ein herrlicher, opulenter Kronleuchter (Bühne und Kostüme: Andrew Riley), welcher auch kräftig flackert (Licht: Howard Hudson), wenn das Phantom herumgeistert. Zusammen mit dem Choreographen Ewan Jones zaubert Regisseur Stephen Barlow eine mitreissende Bühnenshow, welche optisch und musikalisch (musikalische Leitung: Ben Mark Turner) keine Wünsche offenlässt. Das mehrheitlich sehr junge Ensemble ist mit herrlicher Spielfreude, grossem musikalischem und darstellerischem Ausdruck bei der Sache und wird dabei vom kraftvollen Chor und dem tollen Corps de Ballet getragen und unterstützt. Da sitzt einfach alles.
Nadim Naaman gestaltet das Phantom sowohl stimmlich als auch in der Darstellung absolut berührend. Damit macht er absolut glaubhaft, dass Christine nicht nur Schrecken, sondern auch Zuneigung für ihren «Förderer» entwickelt. Bleiben wir gleich bei Christine, welche bei Georgia Wilkinson in den allerbesten Händen ist. Die junge Künstlerin ist nicht nur im Musical sondern auch in der Oper erfahren, machte sie doch ihr internationales Debüt als Pamina in Weimar. Ihre musikalische Vielseitigkeit setzt Wilkinson gekonnt im «Phantom» ein, begeistert und berührt. Dougie Carter als Raoul zu erleben, war ein Genuss! Mit seiner strahlenden Tenorstimme, die er differenziert und mit grösster Sensibilität führt, überträgt er seine leidenschaftliche Liebe einerseits zu seiner Angebeteten als auch in den Zuschauerraum. Lara Martins (Carlotta) und Matthew Mc Donald (Piangi) geben ein herrlich überspitztes Sängerpaar und spielen die damit gängige Sänger-Klischees voll aus. Nicholas Garret (Monsieur Fimin), Arvid Larsen (Monsieur Larsen) und Anna Mullan (Meg Giry) gefallen durch ihre engagierten Leistungen in ihren Rollen. Mit besonderer Ausdrucksstärke gelingt Valerie Cutko die Darstellung der gestrengen Ballettmeisterin Madame Giry.
Foto: Giulia Marangoni
Das “Phantom” ist in Basel zurück und hat die Stadt erneut erobert. Das Publikum feiert diese gelungene Produktion und setzt damit ein klares Zeichen FÜR den Erhalt des Musical Theaters. Bleibt also zu hoffen, dass dieses nicht wie das Phantom für alle Ewigkeit in der Gruft verschwindet …
Michael Hug