Basel: Musical Theater – Sasson/Sautter: „Der Kleine Prinz – Das Musical“ – einzige Vorstellung 23.12.2017
Man sieht nur mit dem Herzen gut
Mittlerweile zum dritten Mal landet „Der Kleine Prinz – Das Musical“ im Musical Theater Basel – und dies zur grossen Freude der Basler Musical-Freunde, denn diese einzige Vorstellung in der Stadt am Rheinknie ist sehr gut verkauft.
So mitten im vorweihnächtlichen Stress lädt das bezaubernde Musical von Deborah Sasson (Musik) und Jochen Sautter (Libretto, Liedertexte, Regie und Choreographie) zum Innehalten, Entspannen und Nachdenken ein. Mit seinen bezaubernden Songs, tollen Bühnen-, Licht- und Videoeffekten entführt das Musical die Zuschauer in die Welt der (kindlichen) Fantasie, zeigt Sinn (und Unsinn) unseres Lebens(wandels) auf und öffnet Herzen – und zwar nicht nur diejenigen der Kinder! Auch als Erwachsenem wird einem wieder bewusst, was für Kinder selbstverständlich ist: Man sieht nur mit dem Herzen gut!
Seit der Uraufführung von 2015 haben die Autoren sowie das ausführende Team an der Produktion gefeilt – und dies mit grossem Erfolg! Die technischen Abläufe klappen perfekt – Magie pur auf der Bühne. Sämtliche Darstellerinnen und Darsteller begeistern in Darstellung, Gesang und Tanz.
In den flott dargebotenen Tanznummern fallen die beiden „Neuzugänge“ Laurenz Bordiehn, der auch dem Part des „Geschäftsmannes“ die nötige „zackige“ Note verleiht, und Christian Louis-James auf. In der hinreissenden Tangonummer des „Eitlen“ gibt Louis-James einen fulminanten Einblick in sein grosses Potenzial als Tänzer und Musicaldarsteller. Sjoerd Oomen entfaltet als „Säufer“ sein grosses sängerisches und tragikomisches Talent. Fides Groot Landeweer steppt als Laternenanzünder gekonnt zwischen den beiden Laternen bis zur Erschöpfung hin und her. Ulrike Ahrens ist „die Rose“ der ersten Stunde. Souverän meistert ihr grosses Solo „Ich bin zum Verlieben“, bei dem sie gleichzeitig mit dem Gesang auch klassischen Spitzentanz vom Feinsten bietet. Ari Gosh, ebenfalls ein Ensemblemitglied der ersten Stunde, brilliert wortgewandt und viel Komik als „Geograf“ und „König“, Pascal Jounais gefällt als Pillenverkäufer. Guido Weber vermittelt mit seiner warmen lyrischen Baritonstimme die menschliche Wärme, nach welcher sich der kleine Prinz so sehnt. Im Song „Kleiner Mann“, der dem Sänger besonders gefühlvoll gerät, kommt Guido Webers grosse Erfahrung in Oper, Operette und Oratorium besonders zum Tragen. Simone Neuhold gibt eine dämonisch-faszinierende „Schlange“ und meistert die stimmliche sowie körperliche Herkulesaufgabe, welche diese Partie in sich birgt, mit Bravour. Nebst dem Gesang beeindruckt die bewegliche Darstellerin am Trapez und mit spektakulärer Bodenakrobatik. „Der Fuchs“ hat lediglich einen Song; dieser jedoch dürfte der eigentliche „Blockbuster“ des Musicals sein: „Man sieht nur mit dem Herzen“. Der Song wird dann besonders ergreifend, wenn die wunderschöne Stimme von Anna Friederike Wolf mit der derjenigen des Prinzen verschmilzt.
Und der „Kleine Prinz“ ist und bleibt der Star des Abends. Der junge Frankfurter Moritz Bierbaum ist ein wahrer Glücksfall für diese Produktion, kann der Titelrolle – mit einem jungen Mann besetzt – durch ihn absolute Identität und Glaubwürdigkeit verliehen werden. Der junge Musicaldarsteller bringt nämlich alles mit, was es für diese Rolle braucht: jugendlichen Schalk, einen blonden Haarschopf und eine betörende, besonders timbrierte Stimme, welche die Höhen der Partie problemlos meistert. Frech verspielt setzt er seinen Wunsch beim Piloten durch, ihm ein Schaf zu zeichnen, melancholisch-sehnsüchtig sinniert er in „Der kleine Planet“ und „Die Sterne der anderen schweigen“ über seinen Planeten und seine Rose. Moritz Bierbaum ist der „Kleine Prinz“ auf den Leib geschrieben, dennoch: Wohlweislich setzt der junge Künstler nicht nur auf dieses eine Projekt. Stets bedacht, sich musikalisch weiter zu entwickeln, brachte er seine erste Single „What’s up“ heraus (unbedingt anhören!) und arbeitet an seinem ersten Album .
Unter der Leitung von Aleksandra Kulpa (auch Solo Geige) begleitet das neunköpfige Orchester – aus bühnentechnischen Gründen – hinter der Bühne das Geschehen „on Stage“ zuverlässig, fein differenziert und flott – je nach Bedarf.
In meiner ersten Besprechung von 2015 habe ich Sassons/Sautters „Der Kleine Prinz – Das Musical“ als „die Rose des kleinen Prinzen, welche durch viel liebevolle Pflege über die Zeit zur stolzen schönen Blume heranwachsen kann“ bezeichnet. Diese Pflege hat das Werk über die Jahre seit der Uraufführung erhalten – die Rose ist strahlend erblüht, hat ihren festen Platz im „Rosengarten der Musicals“ eingenommen und wird wohl weiterhin gepflegt, damit DIESE spezielle Rose ihre Einzigartigkeit bewahrt.
Die Botschaft im grossen Schlussapplaus des Publikums ist klar: Komm bald wieder, kleiner Prinz! Diesem Wunsch schliesse ich mich noch so gerne an!
Michael Hug