Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

BASEL: DER ANSCHLAG von Michael Wertmüller im Rahmen der „Journées Contemporaines“

12.11.2013 | KRITIKEN, Oper

Der Anschlag“. Premiere Theater Basel 10. November 2013 im Rahmen der „Journées Contemporaines

 Anlässlich der Einführung in das Werk erklärte der Schriftsteller Lukas Bärfuss, verantwortlich für das Libretto, dass „Der Anschlag“ als Gesamtkunstwerk entstanden sei. Ein Gesamtkunstwerk besteht meines Erachtens im Musiktheater aus Musik, Libretto und Inszenierung. Dazu gehört also auch eine sehr gute Textverständlichkeit. Wenn nun der Komponist Michael Wertmüller den Part der drei Sopranistinnen Anne-May Krüger, Clara Meloni und Ruth Rosenfeld zu hoch für eine klar nachvollziehbare Diktion komponiert, fehlt ein wesentlicher Teil zu einem Gesamtkunstwerk. Gerade die Textpassagen sind für den Handlungsablauf wesentlich und ohne Text wird das Werk unverständlich. Der Rap – artige Sprechgesang von Karl-Heinz Brandt dagegen ist verständlich. Sein Part lebt durch die Dramaturgie und den Einsatz seiner Stimme als zusätzliches Instrument.

Wertmüllers Musik ist ausgesprochen spannend angelegt und lebt vom Gegensatz der Jazzrockformation Steamboat Switzerland zum klassischen Streichquartett. Unter der hervorragenden musikalischen Leitung von Titus Engel musizieren die beiden Geiger Wojciech Grabowski und Ekkehard Windrich, die Bratschistin Jennifer Anschel und die Cellistin Elena Cheah. Der Gegensatz zwischen Steamboat und dem Streichquartett ist wirklich interessant, wenn auch die Musik nicht unbedingt leicht zu verstehen, nicht eingänglich ist. Lukas Bärfuss hat neben seinen eigenen Dichtungen Texte von Louis-Antoine-Léon de Saint-Just (1767-1794), Jules Michelet (1798-1874), Jean-Paul Marat, (1743-1793) Albrecht von Haller, (1708-1777) und aus der Baghavat Gita, (ca. 500-200 a.c.) bearbeitet und adaptiert. Diese Texte bilden das Rückgrat des von Marie-Thérèse Jossen und Georges Delnon in Szene gesetzten Musiktheaters. Die Handlung ist angedeutet und lebt von den Texten, wenn man/frau sie verstehen könnte.

Der Bühnenaufbau ist schlüssig, die Handlung findet auf dem zentral angelegten Laufsteg, dem Laufsteg der Eitelkeiten, statt. Das Stück ist eigentlich ereignislos und nach dem Schlussknall hat sich nicht viel verändert. (Tschechow lässt grüssen).

Meine Favoriten in dieser Inszenierung sind die leisen Passagen, in welchen das Streichquartett moderne Musik mit relativ nachvollziehbarer Melodik spielt.

 „Der Anschlag“ ist nicht leicht zu verstehen und man muss sich auf moderne Musik, auf Fusion zwischen Klassik und Jazzrock einlassen. Wer sich die Texte verschaffen kann, wird auch die karge Handlung nachvollziehen können. Die Schlussdramatik (Schlussknall) ist ein wenig ge-sucht. Weil das Spiel nur angedeutet wird und die unterschiedlichen Handlungsebenen auch nicht stringent inszeniert werden, hätte ich einen offenen Schluss vorgezogen.

 Peter Heuberger/ Basel

 

 

 

Diese Seite drucken