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BASEL: BaseldytschiBihni:„SIESSE WAHNSINN“ Farce von Michael McKeever, Baseldeutsche Dialektfassung

07.11.2015 | Allgemein, Theater

Basel:BaseldytschiBihni:„SIESSE WAHNSINN“ Farce von Michael McKeever, Baseldeutsche Dialektfassung     Pr. 5. November 2015

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Die Schauspieler und Schauspielerinnen © Mimmo Muscio

An der von mir besuchten Vorstellung von „Süsser Wahnsinn“ der „Baseldeutschen Bühne“ war das vorwiegend jugendliche Publikum begeistert, so begeistert wie man/frau es eher vom Rockkonzert gewohnt ist. Diese Begeisterung steckte, und das finde ich schon beachtlich, auch die weniger jugendlichen Semester zu Lach- und Applausstürmen an. Die Laienschau-spieler waren sichtlich glücklich auch bei diesen jungen Leuten so gut anzukommen.

Das Werk von Michael McKeever(Suite Surrender)wurde vom Regisseur Tom Müller in Szene gesetzt. Wer nun eine reine Schenkelklatschkomödie erwartet, wird, Tom sei es gedankt, in dieser Hinsicht enttäuscht, hoffentlich eines Besseren belehrt.Müllers Überzeichnung der Charaktere kann mit der italienischen „Commedia del Arte“, mit der Schauspielkunst Anfang des 20. Jahrhunderts verglichen werden. Der an das moderne, zum Teil unterkühlte Sprechtheater gewohnte Zuschauer befindet sich ganz plötzlich in eine Zeit versetzt, in welcher die Mimik, die Körpersprache extrem expressionistisch verstanden wurde. Für mich ein gelungener Gegenpol zum modernen, übrigens sehr oft zu leise inszenierten Sprechtheater. Danke Tom, für deinen Mut, so hemmungslos gegen den Strich gebürstet zu inszenieren. Das einfacheBühnenbild, auch hier eine Anlehnung an die commedia, wurde von Fidelio Lippuner getreulich dem Vorbild „Hotel TroisRois“ entworfen. Zurückhaltend und diskret wird die Grande Dame Claudia Kupferschmid dargestellt. Grell und farbig ihre Antagonistin, die Diva  Aurora Salvisbärg. Die beiden sind sich in der Öffentlichkeit spinnefeind und unter dieser Feindschaft leidet schlussendlich das Personal des Hotels, angefangen beim patriarchalischen Hoteldirektor Schütz, der sich, weil wichtig, nur die Namen der Gäste merkt und konsequent die Namen der beiden Pagen verwechselt. Niggi, als Hotel-page ein Anfänger, als Schauspieler überzeugend, stolpert von einer „Situation“ pausenlos in die Nächste. Otti, nach 35 Jahren immer noch Hotelpage im Trois Rois, hat alles schon erlebt!Hat er wirklich? Die Klatschreporterin Tamina Kambli, aufdringlich und unbedarft kann einige Male hinter und vor der Türe bewundert werden. Iris Hutchinson Wackernagel ist, als Milliar-därsgattin verantwortlich für den Besuch der beiden Diven im Hotel. Sie veranstaltet einen von Ihrem Gatten finanzierten Anlass mit Musik und spielt die klassisch-neureiche Dame sehr überzeugend. Sie erinnert mich an Frau Pollakvon Parnegg. Herr Blääsi, (Ein Mitrezensent vom Merkerteam Basel), der Sekretär von Kupferschmid, ist ein Charakter für sich, das reine Gegenteil seiner unterkühlt agierenden Chefin.Sein Part ist wichtig für den gesamten Ablauf. Er lebt seine Rolle wirklich und ist textlich sattelfest. Auch für Herrn Peggy, dem Hund von Claudia Kupferschmid ist erverantwortlich. Auch kommt es vor, dass er sich das Lachen verkneifen muss, da dies für Schauspieler, nur wenn inszeniert, angebracht ist. Sein gewollter Lachausbruch dagegen ist ein Erlebnis für sich! Schüchtern und zurückhaltend in Szene gesetzt ist Myriam Fuchs, die Assistentin von Aurora Salvisbärg. Auch sie ist in ihrer Charakterisierung das Gegenteil der Diva Salvisberg.Alle diese Charaktere wirken in Ihrer Art überzeichnet, aber glaubwürdig, wenn auch gewöhnungsbedürftig. Der Erfolg der Baseldeutschen Bühne auch bei einem jungen Publikum zeigt, dass bei entsprechender Motivation, auch junge Leute ins Theater gehen. Aufgezeigt muss unbedingt auch, dass nicht nur Dialekt-komödien interessant sein können, sondern dass auch auf der professionellen Sprech- und Musikbühne spannende und unterhaltende Produktionen gezeigt werden.

Die angeführten Namen der Schauspieler sind Rollennamen. Traditionell werden in diesem Haus die bürgerlichen Namen nicht erwähnt, da sich alle Mitwirkenden auf vor und hinter der Bühne als Team verstehen. Ein Eintrittspreis wird nicht erhoben. Es wird erwartet, dass die Besucher ihren,  eigentlich freiwilligen, Obulus am Ausgang entrichten. Ein Dankeschön gehört dem ganzen Team, welches ehrenamtlich für lustvolle Unterhaltung, sorgt und gutes Dialekttheater auf die Bühne im Lohnhof bringt.Unterhaltung ist eine ernste Sache

Peter Heuberger, Basel

 

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