BADEN/Bühne: Viktoria und ihr Husar (Paul Abraham) – Premiere: 14.12.2024
Cornelia Horak, Christoph Wagner Trenkwitz und Ensemble. Copyright: Christian Husar
Wenn der Direktor am Beginn vor den Vorhang tritt, dann bedeutet es meist nichts Gutes. Doch wie Michael Lackner dem Publikum eloquent und witzig die Ansagen erklärt, erzeugt schon vor der Ouvertüre beste Stimmung im Haus. Übrigens, von den angekündigten Indispositionen ist während der Vorstellung dann nichts zu merken.
Operette gehört mit zu den Schwierigsten des Genres Musiktheater, darin sind sich die meisten Musikschaffenden einig. Und wenn nach drei Stunden einhellige Zustimmung herrscht, dann wurde wohl einiges richtig gemacht.
Trotz der Paradelibrettisten Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda ist ein Abriss der Handlung wenig hilfreich, denn diese Revueoperette lebt von ihren Handlungsorten und dem unsterblichen Melodienreichtum, der einem noch am Heimweg verfolgt. Uraufgeführt im Februar 1930 in Budapest und ein halbes Jahr später auch in Wien, nimmt das Werk als Handlungsfaden das Ende des Ersten Weltkrieges. Paul Abraham schuf mit einer Mischung aus jazzigen, volkstümlichen und typischen Operettenrhythmen einen Mix an eingängigen Nummern, die jedem etwas bietet und schließlich den Sängern die nötige emotionale Basis gibt. Immer wieder stellt man sich die Frage, wie wäre die Musikgeschichte ohne die politischen Entwicklungen nach 1930 weitergegangen: ohne Vertreibung, Exilierung und Genozid. Denn ganz unpolitisch ist auch dieses Werk nicht und kann auch subtil anders gelesen werden. Das Regieteam (Michaela Ronzoni und Volker Wahl) bietet mehrere Versionen an und scheut sich auch nicht, kurz Kriegsbilder zu zeigen. Die nette Pointe des Finales sei hier nicht verraten.
Was wäre eine Revue ohne opulente Kostüme. Stefanie Stuhldreier mixt gekonnt Kulturen und Zeiten und bringt selbst japanische Sumo-Ringer, „Sauna-Kostümierung“ und Sportdresse gekonnt auf die Bühne. Wie überhaupt sportliche Ereignisse jeder Art, Ping-Pong, Fußball, Geräteturnen und so weiter genial das Nichts einer Handlung bereichern. Da muss gleich an zweiter Stelle die fabelhafte Ballettkompanie erwähnt werden, deren Leiterin Anna Vita auch für die vielfältige Choreografie verantwortlich ist. Das Bühnenbild ist schlicht, aber selbst eine kleine Showtreppe ist nicht zu übersehen.
Christoph Wagner Trenkwitz, Clemens Kerschbaumer. Copyright: Christian Husar
Stilsicher waltet Michael Zehetner am Pult des Orchesters der Bühne Baden und der Chor fügt sich perfekt in allen Situationen vor und hinter der Bühne, selbst aus dem Orchestergraben kommend, in das Geschehen ein. Wenn dann noch die richtigen Sängerinnen und Sänger dazukommen, ist man als Zuschauer einen Abend lang verzaubert. Das Dreiergespann Viktoria (die vielfach bewährte Sopranistin Cornelia Horak), ihr Husar (der schneidige Clemens Kerschbaumer) und der amerikanische Gesandte (der bekannte Christoph Wagner-Trenkwitz) führen das Ensemble an. Doch zusätzlich gibt es zwei gleichwertige Buffopaare (Verena Barth-Jurca, Loes Cools, Ricardo Frenzel Baudisch und Thomas Zisterer: Sie singen, spielen und tanzen sich durch den Abend, dass es eine Freude ist. Statische Momente, Fehlanzeige – immer wieder ist alles in Bewegung und bietet dem Auge reichlich Nahrung. Obwohl die drei Stunden wie im Flug vergehen, könnte durch Straffung einiger Dialoge eine noch größere Dynamik entstehen. Die wird sich im Laufe der Aufführungsserie jedenfalls einstellen. Die Chance auf gepflegte Unterhaltung sollte man sich nicht entgehen lassen.
Otto Grubauer