Publikumserfolg in Baden: „Die drei Musketiere“ von Ralph Benatzky (Vorstellung: 3. 8. 2012)
Foto: Stadttheater Baden
Einen triumphalen Publikumserfolg feierte die Operettenmetropole Baden mit ihrer Produktion „Die drei Musketiere“ von Ralph Benatzky in der Sommerarena. Das im Jahr 1929 in Berlin mit sensationellem Erfolg uraufgeführte, aber danach nur selten gespielte Singspiel – zu erwähnen ist die Aufführung vor drei Jahren im Stadttheater Gießen, die durch mitreißende Fechtszenen begeisterte – erlebte nun in Baden eine kaum erwartete Renaissance.
Das Libretto des Spiels aus romantischer Zeit mit Musik von gestern und heute, wie das Programmheft verkündet, stammt von Rudolph Schanzer und Ernst Welisch nach Motiven von Alexander Dumas. Der Inhalt kurz gefasst: Die bekannten Abenteuer von D’Artagnan und seinen Mitstreitern werden in der Operette weiter erzählt, stehen doch neue Abenteuer an. Im Dienst der Königin kämpfen sie nun gegen Kardinal Mazarin, den Nachfolger von Richelieu, der ebenfalls mit Intrigen und Ränkespielen die Macht in Frankreich an sich reißen will. Doch jede seiner Intrigen scheitert am mutigen Einsatz der Musketiere, die mit Witz und Intelligenz immer wieder für Gerechtigkeit sorgen. Dies bietet neben blankgezogenen Degen und waghalsigen Abenteuern auch Gelegenheit für heiße und romantische Liebschaften, bis schließlich – nicht ohne ein Augenzwinkern auf das Genre – das Gute siegreich bleibt.
Eben dieses Augenzwinkern zeichnet die hervorragende und publikumswirksame Inszenierung von „Altmeister“ Robert Herzl aus, die pointensicher, frech und voller Komödienantik über die Rampe kommt und das Publikum so zu begeistern weiß, dass immer wieder frenetischer Szenenapplaus ausbricht. Köstlich auch die flotten Ballettszenen (Choreographie: Michael Kropf), die in Baden stets eine großartige Bereicherung der Aufführungen darstellen, diesmal jedoch von besonderem Reiz waren, wie beispielsweise die erotisch-freche Tanzszene der Nonnen! Einfach und dennoch vortrefflich das Bühnenbild und die üppigen, farbenprächtigen Kostüme (Ausstattung: Pantelis Dessyllas).
Die einzelnen Darstellerinnen und Darsteller waren so typengerecht ausgewählt, dass man des Öfteren von einer Idealbesetzung sprechen kann: An erster Stelle sei der Tenorbariton Reinhard Alessandri genannt, dessen fesches Äußeres dem Draufgänger und Charmeur D’Artagnan voll entsprach. Nicht minder passend der stämmige Bariton Daniel Ohlenschläger als Porthos und der schauspielerisch glänzende Musicalstar Darius Merstein-MacLeod als Aramis, der zusätzlich noch gemeinsam mit Miriam Sharoni in der Opernparodie brillierte. Alle drei Musketiere überzeugten sowohl darstellerisch wie auch stimmlich. Dazu stellten sie auch in den Fechtszenen ihren Mann, was sie vermutlich ihrem Kommandeur Oberst von Treville zu verdanken haben. Er wurde von Christian Zmek gespielt, der zudem für die gelungene Fechtchoreographie verantwortlich zeichnete.
Als Anna, Regentin von Frankreich, die sich in D’Artagnan verliebt, agierte die Sopranistin Frauke Schäfer sehr vornehm und würdevoll. Sie ist in den letzten Jahren zur Operettendiva gereift. Sehr humorvoll gab der Buffotenor Stefan Bischoff den halbwüchsigen Sohn Annas, der noch als König Ludwig am liebsten die Stelle des abwesenden Athos als vierter Musketier einnehmen wollte. Äußerst temperamentvoll spielte und sang die Sopranistin Miriam Sharoni die Rolle der Zigeunerin Leona de Castro, die im Auftrag des Kardinals – gut gespielt von Artur Ortens – ihre Verführungskünste bei den Musketieren einzusetzen hatte. Ihr ebenbürtig war die bezaubernde Jasmina Sakr als Manon, die Nichte des Kardinals, die in einigen Szenen ihre komödiantische Begabung ausspielen konnte.
Wie immer überzeugend die Vollblutschauspielerin Edith Leyrer in der Rolle der geschäftstüchtigen Lokalbesitzerin Madame Brissard, deren reizende Nichte Miotte von der Mezzosopranistin Elisabeth Fruhmann gegeben wurde. Einen „köstlich süßen“ Zuckerbäcker Caramel gab der Wiener Buffotenor Beppo Binder, der bei jedem seiner Auftritte für Gelächter beim Publikum sorgte – ebenso wie Robert Sadil, der als Pater Ignotus eine glänzende Karikatur eines bigotten Pfaffen zeichnete.
Viel Szenenapplaus erhielt die ukrainische Mezzosopranistin Kateryna Pacher als „russische Cathèrine“, die sich mit der Bandura (Lautenzither) beim Singen selbst begleitete. In weiteren Rollen waren noch der Tenor Anton Graner als strammer Hauptmann der Kardinalsgarde, Franz Födinger als Polo und Lais Andrade Pamplona als Aminta zu sehen, die allesamt zum großen Erfolg dieser Produktion ebenso beitrugen wie das flott spielende Orchester der Bühne Baden unter der Leitung von Franz Josef Breznik.
Das von der Vorstellung hingerissene Publikum spendete am Schluss alle Mitwirkenden minutenlang rhythmischem Beifall, unter den sich immer wieder Bravorufe mischten. Ich habe in Baden noch nie so enthusiasmierte Zuschauerinnen und Zuschauer erlebt, die sogar Zugaben forderten.
Udo Pacolt, Wien – München