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BADEN/ BADEN: RECITAL ROLANDO VILLAZON

Baden-Baden: „ROLANDO VILLAZÒN“ 21.06.2013

Um jedes Missverständnis auszuschließen, seit ich Rolando Villazón erstmals hörte begeisterte mich diese virile, herrliche Stimme und nicht nur ich sah in diesem Hoffnungsträger den Nachfolger des legendären Domingo. Doch das Schicksal wollte es anders, es folgte die Miserere, Krankheit, Auszeit etc. und danach das Comeback mit dem Händel-Desaster sowie den weiteren wenig spektakulären Auftritten. Nach eigenen Worten bekundete der Sänger meine beste Zeit kommt noch, jedoch nach dem Recital im Festspielhaus mit ausschließlich Werken von Giuseppe Verdi bezweifelte ich die Aussage des sympathischen Künstlers. Eventuell folgende, glorreiche Tage wünsche ich ihm von Herzen. Hoffnungsvoll, leicht beschwingt, in schlanker Stimmführung eröffnete der ernsthaft wirkende Villazón mit der Oronte-Arie aus „I Lombardi“ das Programm. Leider währte dieser zunächst positive Eindruck nicht lange, denn die folgenden Arien aus „Il Corsaro“, „Oberto“ offenbarten bereits die vokalen Mängel des Sängers. Vermutlich sind derzeitige Darbietungen psychisch wie physisch abhängig von der Tagesdisposition des Künstlers, stand dieser Abend jedenfalls unter keinem guten Stern. Glanzlos ohne Kantilene, matt und kraftlos, in einem stets gleichbleibenden, unschönen Dauerton der Mittellage absolvierte Rolando Villazón seine an sich anspruchsvolle, abwechslungsreiche Arienfolge, bereits komplett überfordert wurde Quando le sere al placido aus „Luisa Miller“ sowie die Macduff-Arie aus „Macbeth“präsentiert, doch vernahm man auch hier und da kleine Lichtblicke des einst herrlichen Legato, der vokalen Flexibilität, des schönen Timbres besonders bei den drei Kostproben il mistero, deh pietoso oh Addolorata, L´esule aus „Otto Romancen“ jenen Klavierliedern Verdis für Tenor und Orchester von Luciano Berio bearbeitet. Das Publikum jubelte wie einst im Mai, ich persönlich erachte diesen Abgesang als menschliche, künstlerische Tragödie und gegenüber N.N.-Tenören welche allabendlich in Opernhäusern Höchstleistungen vollbringen, die Darbietung schlichtweg als Kuriosum.

Begleitet wurde der Vokalist vom Czech National Symphony Orchestra unter der Leitung von Guerassim Voronkov, der Klangkörper erwies sich nach einer etwas breit angelegten Nabucco-Ouvertüre als ideales Opernorchester. Forsch, leicht federnd, rhythmisch, weich im Klang untermalte der rücksichtsvolle Dirigent die sängerischen Beiträge um solistisch mit dem famos musizierenden Orchester mit den Vorspielen zu I Masnadieri, Luisa Miller, der Macbeth-Ballettmusik sowie der Rarität und so gut wie nie gespielten Otello-Ouvertüre rein orchestral zu glänzen. Seinen üppigen Rosenstrauß im Orchester verteilend, gewährte der Sympathie-Träger noch drei Verdi-Zugaben Non t´accostare, il poveretto, Brindisi und beschloss den denkwürdig, zwiespältigen Abend.

 Gerhard Hoffmann

 

 

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