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AVENCHES: LA BOHÈME der Opéra de Lausanne

19.07.2012 | KRITIKEN, Oper

La Bohème: Letzte Freilichtaufführung der Opera de Lausanne in Avenches vom 17. Juli 2012

Bei Freilichtaufführungen besteht die Gefahr, dass sich die Bühnenbilder nicht so leicht wechseln lassen. Die Technik ist nicht so gut ausgeklügelt und entwickelt wie in einem Opernhaus. Bei der Bohème kommt hinzu, dass ausser der Cafe–Momus–Szene, die eigentliche grosse Massenszene, im zweiten Bild, es sich hierbei um eine regelrechte intime Kammeroper handelt. Die kleine Mansarde im Quartier Latin ist der Ort wo sich alles abspielt und wo die Liebe beginnt, die Freundschaften ausgelebt werden und wo letztendlich alles sein tragisches Ende hat.

Die Inszenierung in Avenches wartet mit einer einfachen und doch sehr überzeugenden Gesamtleistung auf. Der Regisseur und Intendant der Opera de Lausanne Eric Vigiè und sein Ausstatter Gian Maurizio Fercioni lassen die Handlung in einem drehbaren Häuschen spielen. Auf der einen Seite ist die spartanische Mansarde abgebildet und auf der anderen Seite das Cafe Momus. Der Hintergrund bildet die Silhouette von Paris, dem Quartier Latin, hinauf bis zum Montmartre Quartier.

Die Ruinen des Amphitheaters im Hintergrund dienen als Fläche für Bild- und Videoproduktionen, es schneit wunderschön auf die alten Gemäuer.

Die Personenführung hinterlässt positive Eindrücke und alle Charaktere werden originalgetreu wiedergegeben. Rodolfo agiert sympathisch linkisch, Marcello ist verspielt und ein dezidierter Kontrapunkt, Colline findet eine geschickte Balance von Jugendlichkeit und Pathos, Musetta pendelt zwischen Koketterie und Einfühlsamkeit und Mimi ist eine zärtliche, liebevoll leidende Hauptdarstellerin.

Die Sänger gehören heute noch nicht zu den ganz grossen Namen im Opernbetrieb, haben aber absolutes Potential es in Bälde zu werden. Eric Vigiè hat einmal mehr bewiesen eine gute Hand in der Auswahl der Sängerinnen und Sänger zu haben und hoffnungsvolle Künstler verpflichten zu können. Es ist eine Freude, hat sich Avenches dazu entscheiden können die künstlerische Leitung, der alljährlichen wiederkehrenden Festspiele, der Opera de Lausanne zu übergeben. Das künstlerische Niveau ist seither viel besser geworden und demzufolge in bester Hand.

Franco Pomponi als Marcello verfügt über einen dunkel getönten, leicht dramatischen Bariton, der üppig strömen kann. Auch Teodor Illnicais Rodolfo schöpft aus dem Vollen und entfaltet über einer Mittellage, die viel Schmelz und gute Resonanz aufweist, eine sichere und strahlende Höhe. Der Colline vom Bass Daniel Golossov lässt viel Entwicklungspotential hören und der Schaunard von Benoit Capt ist eine solide Leistung.

Auf der vokalen sehr schönen Seite finden sich die beiden Damen (Musetta) Brigitte Hool und (Mimi) Alexia Voulgaridou. Der Sopran der Voulgaridou ist geschmeidig und gefällig. Trotz der Grösse der Arena und der offenen Atmosphäre kann ihr Sopran sich ganz entfalten und er ist zu grossen Steigerungen fähig, die Stimme blüht warm auf.

Erfreulich der Beitrag des Chores unter der profunden Vorbereitung durch Pascal Meyer und des gut geführten Orchesters, geleitet von Stefano Ranzani. Insgesamt war es ein faszinierender Abend, leider mit wenig Publikum. Alle Vorstellungen waren schlecht verkauft und viele Sitzplätze blieben leer. Hoffentlich wird das Wetter nächstes Jahr besser sein und der Opernrenner Nabucco die Ränge um einiges markanter füllen.

Marcel Paolino

 

 

 

 

 

 

 

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