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Auguste Boissier: FRANZ LISZT ALS LEHRER

28.03.2016 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

 

BuchCover  Franz Liszt als Lehrer

Auguste Boissier:
FRANZ LISZT ALS LEHRER
Reprint der Originalausgabe von 1930
123 Seiten, Staccato Verlag, 2016

Ein Buch, das sich „Franz Liszt als Lehrer“ nennt, lässt ein Sachbuch erwarten, das sich seinen zahlreichen Schülern widmet, unter denen sich, wie man weiß, später berühmte Komponisten, Dirigenten und andere Musiker fanden. Tatsächlich hält man ein schmales Büchlein in der Hand, kleiner als ein Taschenbuch, ein Reprint aus dem Jahre 1930, mit einem kurzen Vorwort von Herausgeber Carsten Dürr.

Der umreißt nur kurz die Situation – der 22jährige Franz Liszt in Paris, schon berühmt, aber sein Geld hauptsächlich mit Klavierunterricht verdienend. Ein schöner junger Mann, damals schon angeschwärmt von der Weiblichkeit, die ihn lebenslang umflattern sollte. Und da setzt dann schon der Augenzeugenbericht aus erster Hand ein…

Auguste Boissier hat ihn verfasst, eine reiche Dame, die ihre Tochter Valerie zum Klavierunterricht brachte und jede Stunde dabei saß, offenbar ein Notizbuch auf den Knien, ununterbrochen mitschreibend. Dieses Tagebuch wurde dann rund hundert Jahre nach seinem Entstehen übersetzt und veröffentlicht.

Es ist in erster Linie, man muss es so sagen, eine Fan-Postille. Es waren schwärmerische Zeiten, und die Dame hält mit ihrer Begeisterung über das „Genie“, dessen Wohnung für sie ein „Tempel der Harmonie“ war, nicht zurück. Jedes Wort, das er sagte, schien ihr als hohe Botschaft. Geist, Anmut, Klarheit, Feuer, Liebenswürdigkeit, nichts, was sie ihm nicht zuschrieb – und wahrscheinlich hatte sie sogar recht, denn viele berichten von seiner Faszination. War er einmal nicht so verbindlich, wie man es von ihm erwarten konnte (ein bezahlter Lehrer war letztlich doch ein Geldempfänger), war die Verwirrung der Damen groß, aber die Irritationen wichen schnell immer der gewohnten Anbetung.

Abgesehen davon, dass hier noch ein glitzerndes Mosaiksteinchen der Bewunderung zum Gesamtbild von Liszt hinzugefügt wurde, konnte Mutter Boissier offenbar nicht nur Klavierspielen, sondern versuchte sich auch als Komponistin (und der Lehrer tat gut daran, mit gewohnter Virtuosität vom Blatt zu spielen, was sie ihm aus eigener Feder vorlegte). Jedenfalls verstand sie also, was im Unterricht vorging, versuchte sogar in Details, die Methoden Liszt zu vermitteln, wobei versierte Klavierspieler dann beurteilen mögen, wie praktikabel das ist, was man hier erfährt („Das Forte muss aus dem Handgelenk kommen und mit Gewaltsamkeit und Geschmeidigkeit hingeworfen werden…“).

Tochter Valerie, spätere Gräfin Gasparin, blieb in den Kreisen der begeisterten Musikfans (ohne die das Musikleben ja nicht funktioniert), schloss sich der Wagner-Begeisterung von Liszt an, ein Brief Richard Wagners an sie ist am Ende des Bändchens abgedruckt. Man hat es hier mit einem Stück Primärliteratur zu tun, das für Aficionados von Liszt, die immer mehr und mehr wissen wollen, zweifellos kennenswert ist.

Renate Wagner

 

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